Persönliche Natur des Menschen

büro2Persönlichkeit – die Psychologen sprechen von Persönlichkeit, im Volksmund spricht man vielleicht von Charakter. Also, die Summe aller Eigenschaften, die eine gewisse Beständigkeit haben, wird als Persönlichkeit oder Charakter bezeichnet. Letztlich das, was man als Swabhava bezeichnet oder Krishna als die persönliche Prakriti bezeichnet. Seine persönliche Natur mit Grundstimmung und Temperament, mit seinen besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten, seinen tiefen Motivationen, seinen tiefen Wünschen, das ist die Persönlichkeit. Bin ich die Persönlichkeit? Neti, Neti, nein, auch die kann man beobachten. Und auch die Persönlichkeit ist bis zu einem gewissen Grad änderbar, sie ändert sich auch im Lauf des Lebens. Und bestimmte Teile der Persönlichkeit werden mal mehr und mal weniger. Man kann zwar sagen, jeder ist eine Mischung aus individuellen Charaktereigenschaften und jeder ist natürlich eine ganz andere Persönlichkeit als jeder andere, aber sie besteht aus Bestandteilen, die auch in jedem anderen so sind. Jeder Persönlichkeitsanteil, den man hat, haben auch so viele Millionen von anderen Menschen. Bin ich daher dieses außergewöhnliche musikalische Talent? Nein, musikalisches Talent ist eine allgemein menschliche Eigenschaft, die in manchen mehr, in manchen weniger entwickelt ist und die vielleicht in diesem Körper-Geist-Kontinuum besonders stark entwickelt ist. Aber das bin nicht ich. Bin ich dieser große Intellekt, IQ 165? Es gibt solche, die haben mehr Intelligenz, weniger Intelligenz. Intelligenz ist eine allgemeine menschliche Eigenschaft, die in einem konkreten Körper-Geist-Kontinuum mehr oder weniger ist, aber nicht ich bin diese Intelligenz. Ein kleiner Schlaganfall, kleine Demenz und schon IQ anders. Ändert das was an Satchidananda? Nein, bleibt gleich. Oder bin ich dieser Handwerker, bin ich diese liebevolle Person, bin ich diese enthusiastische Person? Antwort: Neti, neti, nicht dies, nicht das. Aber wir können uns identifizieren. Wenn wir uns identifizieren, gibt es Problemen. Zum einen, manchmal erfordert das Karma, dass wir aus unseren Identifikationen herauskommen. Es gibt nämlich letztlich immer Identifikation zweier Grade. Zunächst kann man sich damit identifizieren, was durchaus da ist. Und zum zweiten kann man sich identifizieren mit dem Bild von dem. Man kann z.B. sich identifizieren mit seinem Körper wie er ist und man kann sich identifizieren mit seinem Körper, wie man denkt, dass man ist. Z.B. gerade unter jungen Menschen, insbesondere unter Mädchen im Alter zwischen dreizehn und achtzehn, die denken fast alle, sie sind zu dick, selbst wenn sie objektiv zu dünn sind. Also, sie identifizieren sich nicht mit ihrem Körper, sondern mit ihrem Körper, wie sie ihn sehen. Und so wie sie ihn sehen, ist er nicht so, wie er wirklich ist. Genauso, man kann sich mit seinem Charakter identifizieren, so wie die Persönlichkeit tatsächlich ist, man kennt sie etwas, oder man kann sich identifizieren mit seinem Charakter, so wie man denkt, dass er ist. Und dann kann man sich selbst überschätzen, das gibt es auch, und man kann sich selbst, im Sinne von Charakter, auch unterschätzen. Das ist unter spirituellen Aspiranten häufiger.

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Gefühle im Körper-Geist-Kontext

abWir können sagen: „Meine Gefühle werden oft von anderen bestimmt.“ Jemand anderes hat ein Gefühl und unser Gefühl wird davon bestimmt, das kann sogar durch Wände hindurchgehen, wir können ein Gefühl aufgreifen von irgendjemand. Zum einen können natürlich die eigenen Gefühle erzeugt werden durch das, was irgendjemand anderes sagt. Und zum anderen, unsere scheinbar individuellen Gefühle sind einfach kosmische Gefühle, die sich in einem konkreten Körper-Geist-Kontext manifestieren. Also, ihr könnt mal überlegen, wenn ihr irgendein Gefühl habt: „Ist das mein persönliches Gefühl oder ist das jetzt das allgemein menschliche Gefühl des Ärgers, was sich jetzt in mir manifestiert. Ist das mein persönliches Gefühl der Verlassenheit oder ist das ein allgemein menschliches Gefühl der Verlassenheit, das sich jetzt durch diesen Körper-Geist-Komplex manifestiert? Ist das mein persönliches Gefühl des Enthusiasmus oder ist es die allgemein menschliche Erfahrung des Enthusiasmus, die sich gerade wunderbarerweise in diesem Körper-Geist-Komplex manifestiert?“ Das ist eine Möglichkeit, das zu sehen. Oder: „Ist das jetzt mein persönliches Gefühl der Niedergeschlagenheit oder der Enttäuschung oder der Freude oder ist das jetzt ein allgemein menschliches Gefühl von sowieso, das sich jetzt durch diesen Körper-Geist-Komplex manifestiert?“ Wenn man darüber so ein bisschen nachdenkt, wird man feststellen: „Habe ich wirklich ganz persönliche Gefühle? Nein.“ So ähnlich: „Ich habe kein persönliches Auto, kein persönliches wie auch immer, sondern einfach Beziehungen, die jetzt da sind. Ich mache diese Erfahrung.“ Das kann einem helfen, aus der Identifikation herauszukommen. Er wird deshalb nicht unbedingt die Emotion loswerden und reine Vedantins würden sagen, es ist auch nicht nötig, die Emotion loszuwerden, die mag ja da sein. „Aber ich selbst weiß, mindestens zwischendurch in der Meditation, mindestens wenn ich analysiere, ich bin nicht wirklich das Gefühl, ich bleibe Satchidananda, inmitten von himmelhoch jauchzend und inmitten von zu Tode betrübt.“ Wenn man das weiß, gelingt es einem meistens, ein bisschen gleichgewichtiger zu sein, aber nicht notwendigerweise, es ist auch eine Temperamentfrage. Jetzt kommt dann die schwierigere Geschichte und das ist für westliche Aspiranten fast am allerschwierigsten: „Bin ich die Persönlichkeit?“ Swami Vishnu hätte noch vorher alles Mögliche andere noch eingeführt: „Bin ich die Nation? Bin ich deutsch?“ Den meisten spirituellen Aspiranten fällt es relativ leicht, sich nicht mit dem Deutschtum zu identifizieren. Das scheint leichter für die deutschen Aspiranten zu sein als für amerikanische oder indische Aspiranten, sich nicht damit zu identifizieren. Vielleicht ist es schwerer, sich vom Bayerntum zu lösen als vom Deutschtum. Sind wir deutsch? Oder ist es doch schwerer als ich es gedacht habe? Du kommst aus Bayern? Dein Körper kommt aus Bayern und natürlich, das Bayerisch-Sein hat einen bestimmten Einfluss vielleicht auf die Sprache, auf die Persönlichkeit, auf Mögen und Nicht-Mögen, genauso wie das Rhein-Hessen-Tum einen gewissen Einfluss hat – ich komme aus Rhein-Hessen – auf Sprache und auf manches Mögen und Nicht-Mögen, wie das Schwaben oder Bad Emser oder was auch immer die Identifikation sein mag, oder Fränkische oder was auch immer, aber wir sind nicht Nation usw. Gut, genauso, bin ich Mann, bin ich Frau? Swami Vishnu hat gerne gesagt, das ist für Aspiranten schon schwieriger. Und manchmal hat er sich so eine leichte Freude gemacht, und mal so irgendeinen Stereotyp über Frauen oder Männer zu sagen, um dann die wütenden Gesichtsausdrücke unter den Schülern zu sehen. Dann hat er gesagt: „Seht ihr, ihr habt keine Probleme, wenn ich Witze über Amerikaner mache.“ Obgleich achtzig Prozent der Anwesenden Amerikana waren. „Da kann ich ruhig Witze machen über Amerikaner, da lacht ihr auch darüber. Aber wehe, ich mache einen Witz über Frau, dann gibt es wütende Blicke. Und natürlich weiß ich, dass diese Stereotypen über Frauen nicht stimmen und genauso weiß ich aber auch, die Stereotypen über die Amerikaner stimmen genauso wenig. Aber ihr reagiert mehr bei Stereotypen über Frauen als bei Stereotypen über Amerikaner, Deutsche, Bayern oder was auch immer.“ Da kann man auch sehen, unter heutigen Aspiranten, Identifikation mit Mann, Frau, gar nicht mal so wenig. Gut, dann geht es aber noch weiter, Identifikation mit Persönlichkeit. Die Menschen im Westen identifizieren sich besonders mit ihrer Persönlichkeit. „So bin ich halt.“ Kennt ihr das?

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Yoga und Wohlbefinden

asana5Ich habe heute Morgen mit jemandem gesprochen, der praktiziert Zen, und der sagt, im Zen ist ausdrücklich nicht das Ziel, glücklich zu sein. Es geht nicht darum, glücklich zu sein. Es geht darum, zu erwachen. Und dann, wenn wir erwacht sind, dann sind wir glücklich. Im Yoga haben wir so ein leichtes Problem. Im Yoga wollen wir uns wohlfühlen, der Körper irgendwie gesund und ein bisschen mehr Prana. Wir fördern all das, was und irgendwie gut fühlen lässt, Sattva, Stichwort Sattva. Alles was wir machen, Sattva, reiner machen und wir ernähren uns gesund, und gesunde Ernährung führt zu Wohlbefinden. Wir machen Körperübungen, die sich gut anfühlen. Und wie fühlt man sich nach einer Yogastunde typischerweise? Gut. Wir machen alles Mögliche, um mehr Prana zu haben. Wir fühlen uns gut. Wir lernen, mit uns selbst geschickt umzugehen. Wir fühlen uns gut. Konsequenz ist, wir identifizieren uns. Aber das Gutfühlen hat irgendwo seine Grenzen. Man kann sagen, im Mittelalter war unter manchen christlichen Aspiranten etwas üblich, das nannte sich Kasteiung. Sie haben bewusst dem Körper Qualen zugefügt. Der Grund war Nicht-Identifikation. Ich will euch jetzt nicht raten, das nachzumachen, das entspricht nicht dem klassischen Yoga. Und die großen Mystiker wie Hildegard von Bingen und Meister Eckhart und Theresa von Avila haben dagegen gesprochen. Und Krishna sagt in der Bhagavad Gita, den Körper zu quälen ist tamasig eine Form von Tapas. Aber es hat auch etwas für sich, im Sinne von, man erwartet nicht, dass man in diesem Leben so Glücksgefühle hat, man lernt, sich nicht mit dem Körper zu identifizieren und dann springt man vielleicht in die Gottesverwirklichung. Gut, im ganzheitlichen Yoga gehen wir anders vor und sagen, wir versuchen, mehr Prana zu haben. Sehr viel Prana zu haben, kann einem ja die Erfahrung erleichtern, zum Höchsten zu kommen. Nur, wir dürfen uns nicht identifizieren mit dem Pranalevel. Ab und zu mal, wenn es einem nicht gelingt, so viel zu praktizieren, vielleicht weil man einen Unfall hatte, weil der Partner oder das Kind außergewöhnliche Aufmerksamkeit gebraucht hat, dann merkt man, es ist weniger Prana da – weniger Prana heißt oft, weniger spirituelle Motivation, weniger Prana heißt weniger Gottbewusstsein im Alltag – wir können trotzdem Viveka üben und können feststellen: „Bin ich das Prana? Nein. Bin ich dieses schlechtere Gefühl, das ich jetzt habe? Nein. Ich bin weiter Sat, Chid und Ananda.“ Nächste Ebene, Manomaya-Ebene: „Bin ich die Gefühle?“ Ihr schüttelt alle den Kopf. „Neti, Neti, nicht dies, nicht dies. Nein.“ Warum bin ich nicht die Gefühle?

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Neti Neti, ich bin nicht dieser Körper

bhagavad gitaUnd da ist manchmal das Problem bei Hatha Yoga, dass die Menschen sich gut fühlen in ihrem Körper und dann denken, das muss dauerhaft so sein. Und dann gibt es entweder einen Unfall oder Krankheit oder Alterserscheinungen und dann wird einem schmerzhaft bewusst, Identifikation war da. Aber wir können im Yoga lernen: „Neti, Neti, ich bin nicht der Körper.“ Im Grunde genommen können wir sagen, es kommt wie ein großer Segen auf uns zu, ab und zu mal Schmerzen, ab und zu mal Krankheit, wo wir sehen: „Bin ich mit dem Körper identifiziert oder nicht.“ Schon eine einfache Erkältung kann einem das sehr bewusst machen. Schon ein einfaches Kopfweh oder eine einfache Magen-Darm-Grippe, entweder hier oder auf Reisen. Wer mal in Indien ist, da kommt das häufiger vor. Oder Gewichtszunahme. Auch hier sehe ich, wie stark die Identifikation unter Yogis ist, wenn sie mal ein bisschen zunehmen, wie furchtbar das an ihrem Selbstwertgefühl nagt. „Bin ich der zusätzliche Bauchspeck?“ Ja oder nein? Es scheint hier ein bisschen schwieriger bei manchen zu sein: „Neti, Neti, ich bin nicht der zusätzlich Speck, weder am Bauch noch an den Oberschenkeln noch sonst irgendwo. Neti, Neti.“ Der Körper hat so seine eigene Weisen, man kann sagen, manche Körper wollen gerne ein bisschen mehr Speck haben und manche Körper nicht so. So gibt es manche – man kann das eher spielerisch sehen – die vielleicht überlegen: „Ja, das ist vielleicht doch hilfreich, ist vielleicht gesund. Und als Yogalehrer ist man vielleicht wirkungsvoller, wenn man weniger Bauch hat, aber andererseits, Om Namah Shivaya, die haben große Wirkung gehabt.“ So sollte man es mehr spielerisch nehmen und wenn es gesundheitsrelevant ist, kann man eben auch sagen, so wie man sich um sein Fahrrad kümmert, so wie man sich um sein Auto kümmert, kümmert man sich um seinen Körper, aber: „Neti, Neti, nicht dies, nicht dies.“ Etwas weiter geht es dann: „Bin ich mein Prana?“ Bin ich mein Prana, Lebensenergie, Energiegefühl, Schwingung? Ja oder nein? Prana kommt, Prana geht, wir haben von innen heraus Prana, wir kriegen von außen Prana, wir erzeugen Prana, aber ich bin nicht das Prana. Manchmal können wir mehr praktizieren, dann haben wir typischerweise mehr Prana, und dann gibt es eine Phase, da können wir weniger gut praktizieren, dann haben wir weniger Prana. Und wenn wir weniger Prana haben, dann schlägt das auch auf das Gemüt. Oder angenommen, man hat Kopfweh – Kopfweh, plötzlich verliert man den Zugang zum Prana – und dann, bin ich das Prana? Das ist auch wieder manchmal ein Problem beim ganzheitlichen Yoga, wir tun so viel, um uns gut zu fühlen, mehr Prana zu haben, und dann identifiziert man sich damit.

Dies ist der 14. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Körper als Instrument Gottes

abc40Also, Körper verändert sich, und des Weiteren, ich kann den Körper wahrnehmen. Bin ich der Körper? Neti, neti, nicht dies, nicht dies, ich kann den Körper wahrnehmen. Das ist einfach gesagt, oder? Und was, wenn das Knie wehtut? Was, wenn der Rücken wehtut? Was, wenn einem gesagt wird, Krebs? Was, wenn einem gesagt wird, nicht behandelbares Rheuma, du musst für den Rest deines Lebens mit Schmerzen leben? Das wird ein bisschen schwieriger, oder? Man kann trotzdem sagen: „Ich bin nicht der Körper, ich bin nicht der Schmerz, den dieser Körper hat.“ Gut, und es gibt ja auch Weisen, was man sonst noch vom Yoga her machen kann, um nicht ganz so stark den Schmerz zu spüren. Es gibt auch Schmerzmittel, es gibt auch im Ayurveda Weisen für den Schmerz und manche Krankheiten sind durch spezielle Yogatechniken und Ayurvedatechniken doch noch besser behandelbar als durch Schulmedizin und manches ist durch Schulmedizin behandelbar. Aber letztlich, wir sind nicht der Körper. Ich glaube, heutzutage können Aspiranten durchaus annehmen, dass sie altern, aber schwerer akzeptieren dass mit dem Körper auch Krankheit verbunden ist und auch Schmerz verbunden ist. Und Menschen, die lange Yoga üben, die werden feststellen, auch das Yoga wird nicht unbedingt sie von allen Alterserscheinungen befreien. Gerade jetzt war ja vor kurzem Zwanzigjahrfeier und da habe ich ein paar Menschen in Frankfurt getroffen, ein paar hier, die vor zwanzig Jahren mit Yoga begonnen hatten, damals fünfzig, fünfundfünfzig waren und jetzt siebzig, fünfundsiebzig sind, erheblich gesünder aussehen als andere Menschen mit siebzig, fünfundsiebzig, aber auch erzählen, es geht nicht mehr ganz so mit den Asanas. So ein fortgeschrittenes Yoga Bodywork, was mit Anfang, Mitte fünfzig noch irgendwo ging, jetzt mit siebzig, fünfundsiebzig -nicht mehr daran zu denken. Auch schwierige Aufgaben.

 

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Wahre Natur und Verhaftungslosigkeit

swami s27Das ist auch eine Weise, wie man etwas mehr Verhaftungslosigkeit haben kann, im Sinne von, ihr könnt euch mal umgucken. Er sagt, jeder, den du triffst, war schon mal deine Mutter. „Mami.“ Jeder war schon mal dein Vater. „Hallo Papi!“ Jeder war schon mal dein Kind, jeder war schon mal dein Partner. Die Yogis sprechen ja nicht von ein oder zwei Inkarnationen, sondern von Millionen von Inkarnationen und in jedem Fall schon Tausende von Inkarnationen vor dieser Inkarnation im menschlichen Körper. Und dann, wenn wir noch die Tiere einbeziehen, 8.400.000 Inkarnationen bevor wir das erste Mal in einem menschlichen Körper sind, und dann Tausende von Inkarnationen im menschlichen Körper, bevor wir erstmals fragen: „Wer bin ich?“ Und dann noch viele Inkarnationen, bevor wir dann wirklich anfangen, spirituell zu praktizieren. Dann viele Inkarnationen, bevor wir in der Lage sind, auch längere Zeit die spirituelle Praxis durchzuhalten. Dann viele Inkarnationen, die wir damit verbringen, das ganze Leben spirituell zu praktizieren, bis wir zur Verwirklichung kommen. Und dann heißt es, dass wir uns doch Clustern inkarnieren, also verschiedene Menschen inkarnieren sich zusammen. Aber nicht in der gleichen Konstellation, wir wechseln auch das Geschlecht und wir wechseln, wer älter ist und wer jünger ist usw. Vielleicht wechseln wir sogar die Planeten, aber wir sind dann alle zusammen im Planeten, aber in einer Inkarnation sind die einen in diesem und dann im anderen Planeten und jetzt sind wir halt hier. Aber irgendwo kommen wir uns bekannt vor. Also, wer in diesem Leben mit irgendjemandem eine engere Beziehung hat, in was auch immer es sein mag, es könnte auch der Vermieter sein, der einen furchtbar nervt, auch mit dem, vielleicht war man im früheren Leben sein Vater oder der war der Vater und jetzt ist er Hausbesitzer. All das ist möglich. In diesem Sinne können wir uns auch nicht identifizieren. „Ich habe jetzt in diesem Leben eine bestimmte Beziehung. In diesem Leben habe ich eine bestimmte Form von Liebe zu meinem Partner und zu meinen Kindern, aber ich weiß, die Seele ist schon durch so viele verschiedene Körper gegangen.“ Und wir können vielleicht sagen: „Und auf einer höheren Ebene ist es Brahman, der mir gegenübertritt in einem anderen Körper. Und eigentlich trete ich mir entgegen in dem anderen Körper.“ Und wir können letztlich sagen: „Und Liebe ist letztlich ein Ausdruck, dass die Seele in beiden Körpern sich selbst begegnet.“ Und je verhaftungsloser die Liebe ist, umso mehr ist sie ein Ausdruck von Brahman. Atma-Anatma-Viveka geht aber noch weiter. Eigentlich war das nur ein Vorspiel. Nämlich, bin ich der Körper? Und ihr kennt alle die Antwort. Natürlich, nein, ich bin nicht der Körper. Warum bin ich nicht der Körper? Körper ist vergänglich und das Ich ist relativ beständig. Das wird mir z.B. bewusst, wenn ich unten die Gänge durchgehe und gucke, wie habe ich vor zwanzig Jahren ausgesehen. Und manche hier kenne ich ja auch schon über zwanzig Jahre und manche kenne ich schon fast zwanzig Jahre, da stelle ich auch fest, Arjuna in Frankfurt, irgendwo Anfang zwanzig, sah auch anders aus und dieser Körper sah anders aus. Oder auf Facebook trifft man ja manchmal Leute und da war irgendwo ein Kindermädchen von mir. Ich stamme ja aus einer Unternehmerfamilie, meine Mutter war häufig auf Geschäftsreise, also gab es auch ein Kindermädchen dort. Das war aber mehr so eine Art Au-pair-Mädchen im Alter von sechzehn, siebzehn, achtzehn. Sie hat da so ein Foto geschickt von damals. Also, Körper ändert sich, aber irgendwo Ichgefühl bleibt doch gleich, Selbst bleibt gleich.

Dies ist der 13. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Spirituelle Erziehung

amma8 Oder es gibt ja auch Stiefeltern usw. Inzwischen ist ja, ich glaube, nur die Hälfte der Kinder ist bei beiden Eltern. Es könnte sogar die knappe Hälfte sein, wenn ich es richtig im Kopf habe. Ich könnte mich da auch leicht täuschen. „Aber es ist jetzt gerade in meinem Haushalt und ich bin spirituell.“ Dann kann ich sagen: „Deshalb hat sich das Kind inkarniert, um erst mal das Leben zu beginnen, um in diese Spiritualität hineinzuwachsen. Wenn das Kind es nicht gewollt hätte in dieser Inkarnation, hätte es sich bei jemand anderes inkarniert. Aber ich weiß, dass das Kind nachher entscheidet, ob es in dieser Spiritualität weiter drin sein will oder nicht.“ In der Mehrheit der Fälle wird man erleben, dass die Kinder, wenn sie in diese Spiritualität hineinwachsen, typischerweise im Teenie-Alter sich davon distanzieren, typischerweise dann in ihren 20ern irgendwie wieder zurückkehren und gar nicht mal selten… Wir haben es jetzt sogar gehabt – ich weiß nicht, ob es jetzt ist – in der letzten Ausbildung gab es jemanden, der kam mir irgendwie bekannt vor und dann hat er gesagt: „Erkennst du mich?“ Dann habe ich gesagt: „Du kommst mir bekannt vor?“ Dann hat er gesagt: „Ja, in den 90er Jahren war ich im Kinderyoga gewesen im Westerwald und dann vor ein paar Jahren habe ich mit Yoga nichts mehr am Hut haben wollen, aber jetzt mache ich die Yogalehrerausbildung.“ So kann es passieren, muss es aber nicht passieren. Shankara gibt in einem seiner Lehrgedichte so eine Weise, wie man auch etwas mehr Nicht-Identifikation üben kann. Und Shankara sagt dort: „Wieder wirst du geboren, wieder wirst du sterben, wieder wirst du geboren, wieder wirst du sterben. Jeder Mensch, den du triffst, war schon mal deine Mutter. Jeder Mensch, den du triffst, war schon mal dein Vater. Jeder Mensch, den du triffst, war schon mal dein Mann oder deine Frau. Jeder Mensch, den du triffst, war schon mal dein Kind.“ Und dann sagt er: „Genug, genug, wann hast du genug davon? Wache auf und erfahre deine wahre Natur.“

Dies ist der 13. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Nicht-Identifikation

1ebWenn man aber erkennt, „Mutter ist, wie Mutter ist“ und man wird sie vermutlich auch nicht ändern. Irgendwo in letzter Zeit bin ich vermehrt auf „Kinder“ gestoßen, die zwischen dem Alter von vierzig und sechzig sind, die mich um Rat bitten, wie sie ihre Mütter noch ändern, die meistens zwischen siebzig und neunzig sind. Das fand ich ein interessantes Konzept, zu hoffen, dass die Mutter oder Vater zwischen siebzig und neunzig sich noch ändert und das einsieht, was sie endlich einsehen sollte. Werden das Mütter tun in dem Alter? Sicherlich nicht, wenn Tochter oder Sohn sagt, das müsste sie tun. Auf eine gewisse Weise werden die sich noch ändern, aber nicht so, wie… Als Kind ist nicht die Aufgabe, die Eltern zu ändern. Umgekehrt aber auch, ich bin auch schon öfters auf „Kinder“ gestoßen, die versuchen, es den Eltern immer recht zu machen. Nicht nur im Sinne, zu versuchen, ihnen irgendwo beizustehen, sondern wenn die Eltern es nicht für gut finden, was man macht, dann finden sie das grässlich. Sie sind weiter ganz identifiziert und denken, ihre Aufgabe ist es, das zu tun, was Eltern mögen. Letztlich spielt es keine allzu große Rolle, wie Eltern denken, wie man sein Leben führt. Es gilt, es wertzuschätzen, dass Eltern es gut mit einem meinen und deshalb gute Gründe haben, Vorstellungen zu haben, wie Kind zu sein hat, und es gilt auch, wertzuschätzen, dass man selbst seinen eigenen Weg geht. Und die Eltern sind nicht dumm, wenn sie etwas denken, wie man zu sein hat, und man selbst ist nicht dumm, wenn man anderer Meinung ist. In diesem Sinne heißt Nicht-Identifikation, anzuerkennen: „Der andere ist ein eigenes Wesen, hat eigenständige Persönlichkeit, hat gute Gründe so zu sein, wie er oder sie ist, und ich selbst habe gute Gründe zu sein, wie ich bin.“ Und dann gilt es: „Wie können wir bei den Ebenen, wo man miteinander tatsächlich zu tun hat, miteinander wachsen?“ Das ist jetzt kein allgemeiner Beziehungsratgeber, aber es ist etwas vom Jnana Yoga Standpunkt aus. Nicht-Identifikation hier heißt eben: „Mein Glück hängt nicht vollständig ab von einem konkreten Menschen, insbesondere hängt es nicht davon ab, wie ein anderer sich verhält.“ Könnt ihr damit etwas anfangen? Ob es möglich ist, dass Eltern vollständig nicht identifiziert mit ihren Kindern sind, ich weiß es nicht, mir ist noch kein Elternteil begegnet, der keine Verhaftung an das Kind hätte. Und ob es wünschenswert wäre… Aber weniger verhaftet zu sein mit dem Kind und nicht identifiziert zu sein mit dem Kind würde heißen eben, nicht ein genaues Bild zu haben, wie das Kind sich zu entwickeln hat, und keine Erwartung zu haben, wie das Kind zu sein hat, keine Erwartung haben, wie das Kind anschließend die Dankbarkeit zurückgeben sollte, sondern dort loslassen. Was aber auch nicht heißt, das Kind einfach nicht zu erziehen. Auch eine Nicht-Erziehung ist eine Erziehung. Manchmal spreche ich auch mit Eltern, die sagen, sie überlegen, ob sie dem Kind das Yoga beibringen oder nicht, aber das Kind soll selbst entscheiden, deshalb wollen sie ihm lieber kein Yoga geben und nicht über Gott sprechen und nicht mit dem Kind beten. Ist das eine neutrale Erziehung? Nein, es ist eine atheistische Erziehung. Das Kind wird erzogen zum Atheisten. Man kann nicht Nicht-Erziehung machen. Und letztlich kann man entscheiden, man kann sagen: „Das Kind oder die Seele, die schon tausend Inkarnationen hatte oder Millionen Inkarnationen hatte, hat sich jetzt entschieden, sich durch mich zu inkarnieren oder uns beide zu inkarnieren.“

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Identifikation mit Menschen

guck6Im Bhakti Yoga würden wir sagen, über Ishwara, über Gott oder Shakti, die göttliche Mutter. Es gibt konkrete Objekte. Konkrete Objekte, damit identifizieren wir uns mit einem Objekt. Und es gibt Geld als eine größere Identifikation, weil es irgendwo frei schwebende Identifikation ist. Und für viele Menschen ist irgendwo Geld das, wo sie ihr Seinsgefühl herausbekommen, ihre Sicherheit. Und für viele Menschen ist Geld das, wo sie denken, das ist ihr langfristiger Glücksgarant, Ananda, und es ist irgendwo etwas, wo sie denken: „Da kann ich letztlich meine Bewusstheit ausdehnen, weil ich mir so viel leisten kann und Erfahrungen leisten kann, Erlebnis leisten kann.“ Vermutlich betrifft es eine ganze Reihe von euch nicht, aber vielleicht den ein oder anderen hat es mal betroffen oder betrifft es. Aber schwieriger ist Identifikation, nicht mit Dingen, sondern mit Menschen. Man sagt dann eben: „Mein Partner, mein Kind, meine Mutter, mein Enkelkind, mein Vater, mein Guru usw.“ Also, wir können uns identifizieren mit Menschen. Und Identifikation mit Menschen ist ein bisschen schwieriger als mit Dingen. Und inwieweit es dort möglich wäre, vollständig verhaftungslos zu sein gegenüber Menschen, ist eine andere Sache, und wieweit das wünschenswert ist, ist nochmal eine andere Sache, aber es gibt Zwischenlösungen. Also, zunächst mal, die Identifikation, wenn sie tief ist, ist erstens, man identifiziert sich mit dem Partner z.B. Das ist eine schwierige Sache, im Sinne von Identifikation. Dann die nächste schwierigere Sache wäre, man identifiziert sich mit dem Bild, das man von dem Partner hat. Und als drittes, man identifiziert sich mit dem, wie der Partner zu sein hat und wie er sich entwickeln soll und wie die Beziehung sein sollte. Wenn wir jetzt so viele Identifikationen haben, was wird passieren? Dukha, Leid. Wie könnte eine andere, eine nicht so identifizierte Partnerschaft sein? Zunächst mal, man kann sich bewusst werden, wie es in der… Es gibt eine Upanishade, ich glaube, es ist die Brihadaranyaka Upanishade, dort sagt Yajnavalkyas seiner Frau: „Nicht wegen der Frau ist die Frau einem lieb und nicht wegen dem Mann ist der Mann der Frau lieb, sondern wegen dem Selbst ist der Mann einem lieb, wegen dem Selbst ist die Frau einem lieb, wegen dem Selbst ist das Kind lieb, wegen dem Selbst ist die Mutter oder der Vater lieb.“ Das wird dann manchmal interpretiert, es gibt auch eine komische Interpretation, die ich mal gelesen hatte, wo das einfach nur egoistisch genannt ist. Man mag den anderen nur, weil man darauf Befriedigung zieht. Aber das ist nicht die Interpretation von Shankaracharya und nicht die Interpretation von Swami Sivananda, sondern im Menschen selbst ist auch Brahman. Und wir können sagen, aus dem Menschen heraus spricht Brahman. Und das, was man an einem Menschen besonders mag, ist letztlich Brahman, damit das Selbst, das Bewusstsein, das in dem Menschen ist. Und jetzt, wenn man sagt, „der ist mein“ und man sich stark identifiziert, egal, ob jetzt Tochter oder Enkel oder Mutter oder Vater oder Freund, Freundin, Mann, Frau usw., wenn man sich dann identifiziert, identifiziert man sich mit dem Bild des anderen, wie der andere zu sein hat, und dann gibt es Probleme. Und dann, in diesem Sinne, man identifiziert sich und nimmt Besitz von dem anderen.

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Erweitertes Seinsgefühl

swami s5So können wir immer dankbar sein, wenn irgendwas kaputtgeht oder wir irgendetwas verlieren, mit dem wir uns identifizieren. Warum? Wir werden drauf geschubst. Und dann können wir darüber lächeln: „Ah, da war ich identifiziert. Ah, da habe ich gedacht, es müsste ewig sein. Ah, da habe ich gemeint, meine Freude hängt von externen Dingen ab. Und jetzt bin ich dankbar, dass mir das Schicksal gezeigt hat, so ist es nicht.“ Das ist sehr praktikabel und sehr machtvoll. Jetzt wird es noch etwas schwieriger. Wir können uns nämlich nicht nur identifizieren mit Dingen und ich hoffe, dass für euch das Loslassen von Dingen nicht so schwierig ist. Obgleich, ich habe das schon öfters erlebt, z.B. irgendjemand hat mal auf einem Instrument von jemand anderes gespielt. Und der ist auf den zu gerannt voller Zorn: „Wie kannst du das machen? Man darf nicht auf einem Instrument spielen, da muss man erst sich lange darauf einstimmen.“ Und da war offensichtlich eine starke Identifikation mit dem Instrument. Trotzdem, ich hoffe, ernsthafte Aspiranten haben nicht so viel Schwierigkeiten, sich bewusst zu machen bei Dingen, „da ist meine Identifikation“ und können mindestens darüber lächeln, auch wenn es immer noch wehtut. Versteht ihr, was ich meine? Und können es doch irgendwo sehen, wenn etwas verlorengeht: „Da war meine Identifikation.“ Sollte jemand von euch jemals etwas Geld gehabt haben und es vielleicht die letzten drei Jahre verloren haben auf dem Aktienmarkt, könnt ihr auch sehen, wie weit habt ihr euch identifiziert? Wie weit habt ihr eure Sicherheit aus dem Geld bekommen? Und wie seid ihr damit umgegangen? Oder habt ihr festgestellt: „Ja, ich habe doch ein erweitertes Seinsgefühl aus Geld bezogen und jetzt habe ich mich irgendwo in meiner Freiheit eingeschränkt gefühlt, denn weniger Geld heißt weniger Freiheit und Sicherheit.“ Aber die Freiheit und Sicherheit kriegen wir nicht über Besitz, sondern Freiheit und Sicherheit kriegen wir über Brahman, Atman.

Dies ist der 10. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen: