Spirituelles Leben

ab66Es wäre gut, sich jeden Tag das Essen frisch zuzubereiten, vielleicht sogar selbst anbauen. Gut, aber mindestens frisch zubereiten und nicht zu lange im Voraus das Gemüse einkaufen, denn mit jedem Tag, wo Sachen im Kühlschrank herumliegen, gehen irgendwo zwischen zehn und vierzig Prozent der Vitamine verloren, je nachdem, welches Vitamin und welche Nahrungsmittel. Es wäre so schön, wenn man von morgens bis abends damit beschäftigt ist, seinen Yogaunterricht zu verbessern, wenn man Yogalehrer ist, mehr über Yoga zu lesen und alle Schriften zu kennen, Bhagavad Gita zu studieren, Yoga Sutra zu studieren, Upanishaden, Brahma Sutra, Viveka Chudamani, Atma Bodha und noch so viele andere. Mir fallen jetzt gerade noch zwanzig ein, bevor ich jetzt die aufzähle und endlos ausbaue. Es wäre schön, alle wichtigen Mantras auswendig zu können, die Shanti Mantras, mindestens die vier wichtigsten, und die Guru Stotram und vielleicht sogar die Guru Parampara Stotram, die Shri Suktam, die Narayana Suktam, Purusha Suktam, die ganzen Bhajans usw. Und es wäre gut, den ganzen Tag sich zu engagieren, dass die Welt ein besserer Ort wäre, alles, was man tut, zu spiritualisieren und jeden Tag an die frische Luft und ausreichend joggen, Fahrrad fahren, spazieren gehen, ausreichend Zeit mit seinen Liebsten zu verbringen und mit Menschen sich zu beraten und auszutauschen. Wie viele Stunden sind das jetzt pro Tag?

Dies ist der 66. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Tipps für spirituelles Leben

swami vishnu14Spirituelle Praxis, Teil 10: Tipps für spirituelles Leben

Heute ist der Abschluss des fünftägigen spirituellen Retreats. Die meisten von euch werden heute wieder nach Hause fahren, dann beginnt schrittweise der Alltag wieder. Und ich hoffe, der Alltag für euch ist auch ein spiritueller Alltag und das, was ihr diese fünf Tage geübt, gelernt habt und nachgedacht habt, reflektiert habt, überlegt habt, euch vorgenommen habt, wird etwas sein, was euch dann die nächsten Tage, Wochen und Monate begleiten wird, und was euch helfen wird, Leben spirituell zu sehen.

Ich habe hier noch ein paar Fragen:

„Kann ein leichter Jogging/Walking mit bewusstem Atem durch die Nase die Yogaatemtechniken ersetzen?“

Nein. Es kann es ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Pranayamas haben ja mehr, als einfach nur die Lungenkapazität zu verbessern und den Atem zu verbessern und ein bisschen positiv zu stimmen, sondern die Yoga Atemübungen sind dazu da, natürlich auch, um die Lungenkapazität zu erhöhen, natürlich auch, um die Sauerstoffaustauscheffizienz zu verbessern, natürlich auch für Gesundheit von Kreislauf- und Lungensystem, aber das ist nur ein kleiner Teil. Es ist auch mehr als „nur“ Bewusstheit, sondern die Atemübungen sind schon sehr darauf ausgerichtet, um die Nadis zu reinigen, die Energiekanäle zu reinigen, die Chakras zu aktivieren, die Energiezentren zu aktivieren, die Pranas, alle fünf Prana Vayus, zu aktivieren, um letztlich die Kundalini Shakti zu erwecken und uns zur Selbstverwirklichung zu führen. Darauf ist das Joggen jetzt nicht ausgerichtet. Laufen ist etwas sehr Natürliches, machen Hunde auch und Pferde auch, und der Mensch, seit Urzeiten ist ein Lauftier. Manche streiten sich, ob er mehr ein Lauftier oder mehr ein Gehtier ist. Jedenfalls ist es gesund, zu laufen, es ist gesund, zu gehen und das ist etwas Gutes. Das kann man sehr gut spiritualisieren, man kann es mit Mantra verbinden, man kann es mit bewusster Atmung verbinden, und so kann natürlich Laufen, gerade in der Natur, zu einer schönen spirituellen Erfahrung werden. Nichtsdestotrotz, Pranayama ist noch etwas, was darüber hinausgeht. Natürlich, manche Menschen müssen dann Entscheidungen treffen, denn so viel Zeit hat der Tag auch nicht. Und dann wird man etwas überlegen: „Was kann ich machen? Was muss ich weglassen wegen der Zeit usw.?“ Das ist ein Vor- und Nachteil des ganzheitlichen Yoga. Der ganzheitliche Yoga gibt einen so viele Sachen, die man tun kann, dass man nie in der Lage ist, alles zu machen, was man denkt, was eigentlich das Richtige wäre. Angefangen mit, es wäre ja schön, wenn man jeden Tag mindestens zwanzig Minuten meditiert und eigentlich ab einer Stunde wird die Meditation interessant. Es wäre schön, jeden Tag mindestens eine halbe Stunde Pranayama zu üben und so nach einer Stunde wird das Pranayama intensiv. Es wäre schön, jeden Tag eine halbe Stunde Asanas zu üben, aber um wirklich voranzukommen, um wirkliche Fortschritte zu machen, ein, zwei Stunden Asanas am Tag braucht man schon. Es wäre ja schön, wenn man jeden Tag Mantras singt, und um richtig in den Flow reinzukommen, wäre es schön, jeden Tag eine halbe bis eine Stunde nur Mantras zu singen. Kriyas sind so gut, die Reinigungstechniken, mindestens einmal die Woche und jeden Tag andere.

Dies ist der 65. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Positive Affirmationen

ae3Man kann sich etwas vornehmen für heute und sagen: „Ich freue mich darauf, das und das zu machen.“ Oder wenn man irgendwo feststellt, man ist müde, kann man auch sagen: „Ja, auf der einen Seite bin ich jetzt müde, aber ich merke, wie ganz tief in mir jetzt eine neue Kraft kommt und ich weiß, in einer Viertelstunde bin ich voller Energie. Und auf einer momentanen Ebene bin ich müde und kaputt und habe keine Lust. Aber ich merke, wie tief von innen heraus eine große Kraft kommt. Und in zwölf Minuten bin ich voller Kraft und Energie und ich freue mich darauf.“ Dann kann man sich noch visualisieren, wie man dort voller Freude herangeht. Man kann auch fragen oder eine andere Möglichkeit wäre: „Wie wäre ich, wenn ich jetzt voller Energie wäre? Wie würde ich aussehen? Wie würde stehen? Wie würde ich gehen? Wie würde ich atmen?“ Oder: „Angenommen, ich wäre heilig. Wie würde ich jetzt mit diesem Menschen umgehen, die mich gleich zerreißen werden?“ In manchen betrieblichen Kontexten kann es das geben. In manchen familiären Kontexten mit mehreren Kindern kann es das geben usw. In manchen Eigentümerversammlungen kann es das geben. Meine Mutter hat mir da vor kurzem irgendwas erzählt. In manchen Vereinen kann es so gehen. Dann kann man irgendwo sich sagen: „Wie wäre ich, wenn ich ein Heiliger wäre?“ Und dann kann man sich vorstellen: „Dann tue ich einfach so, als ob ich einer wäre und schaue mal, wieweit ich das machen kann.“ Das ist Affirmation, Visualisierung und diese können wir auch nutzen. Samyama, die letzte der Techniken. Jede der Techniken kann man jahrelang und sein ganzes Leben lang üben. Samyama wäre, konzentriert bei dem zu sein, was gerade anliegt. Eine der vielen Manifestation von Samyama, wo man seinem Geist einfach sagt: „Ich mache jetzt das.“ Und der Geist sagt: „Ja, wäre es nicht besser, das zu machen. Und außerdem könnte ich noch das machen. Und das könnte ich auch noch machen.“ Und manchmal ist es dann gut, man hat irgendwo einen Zettel und schreibt dann auf. So wie, Satyadevi hat immer zwanzig gelbe Zettel an ihrem Computer hängen. Sehr kreativ, ständig neue Ideen, werden schnell drangeheftet. Und dann, wenn man das so macht, dann sind irgendwo die tausend Ideen, irgendwo kann man ihnen nachher nachgehen und dann kann man das machen, was man sich eigentlich vorgenommen hat. Das ist auch eine Weise, wie man dann Samyama beibehalten kann. Also, schreibt es auf, was man sonst noch an tollen Ideen hat und sagt: „Später.“ Und dann geht man dort ran. Und wenn man etwas wirklich mit Konzentration und Bewusstheit macht, dann entsteht dort auch eine Energie, dann entsteht dort auch eine Kraft. Und dann entsteht dort auch irgendwo innen so ein Feuer, dass man das machen will. Und manchmal, wenn das Feuer noch nicht da sein will, dann sagt man: „Ich bin voller Kraft und Energie, mir geht es gut und ich freue mich, dass ich gleich das gut machen werde.“ Also, wir können einiges tun, um unseren Geist Kraft zu geben, unserem Geist Freude zu geben, Energie zu geben, bei einer Sache zu bleiben. Und auch das ist eine Form von Raja Yoga.

Hari Om Tat Sat

Dies ist der 64. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Lampenfieber

asana26Gut, auf eine banalere Weise, Lampenfieber ist auch ein Problem, das manche Menschen haben, oder der innere Schweinehund ist auch ein Problem. Lampenfieber kann man auch dann anerkennen – das sind jetzt banalere Geschichten. Lampenfieber ist etwas Gutes, denn es hilft uns, sich besser vorzubereiten, Dinge erst zu nehmen, wach zu sein usw. Und so kann man sich bewusst machen, wenn man Lampenfieber hat, kann man sagen: „Ja, danke, liebes Unterbewusstsein, oder danke, liebes Lampenfieber, du willst, dass ich mich gut vorbereite, aber du weißt selbst, ich habe keine Zeit dafür.“ Dann sagt man: „Ein bisschen vorbereitet habe ich mich.“ Und dann sagt man: „Was kann ich noch machen?“ Dann sagt man: „Ja, Hingabe, du kannst jetzt kommen. Und Vertrauen, du kannst kommen.“ Und dann trifft man irgendwo so eine Entscheidung: „Soweit werde ich mich vorbereiten. Vom Lampenfieber her kriege ich ein bisschen Prana. Hingabe gibt mir ein bisschen Vertrauen. Segen wird da sein usw.“ In diesem Sinne, Ängste und Lampenfieber können auch was Gutes sein. Oder es gibt den inneren Schweinehund. Der innere Schweinehund ist eigentlich das Kapha in uns. Es will, dass wir uns nicht überfordern, will, dass wir freundlich und nett zu uns sind. Es ist nicht wirklich ein Boykottierer, sondern eigentlich, wenn man den nicht hätte, würde man sich vielleicht so sehr überfordern, dass man nachher in Probleme kommt. Menschen, die BurnoutGefahr haben, denen fehlt dieser innere Schweinehund. Wo vielleicht irgendwo so ein innerer Antreiber so viel stärker ist, bis sie dann irgendwann ganz kollabieren. Also, wenn ihr einen starken inneren Schweinehund habt, freut euch, eines kriegt ihr sicherlich nicht, Burnout. Es sind gar nicht mal so viele Menschen Burnout gefährdet. Nur dann, wenn man keinen inneren Schweinehund hat plus einen starken inneren Antreiber, diese beiden Sachen zusammen, also ein großes Pitta-Element mit einem großen Überich, das darüber ist, und dann irgendwo ein verschüttetes Kapha-Element, dann wird man überfordert sein und dann wird man irgendwann so kollabieren. Also, wenn ihr irgendwo merkt, dass ihr irgendwo Schwierigkeiten habt mit dem, was ihr euch vornehmt, weil dort irgendjemand sagt, „mhh“, dann dankt dem erst mal und sagt – ihr könnt ihn entweder Schweinehund nennen oder besser: „Liebes Parlament, schön, dass du dich meldest, schön, dass du mich vor Überforderung schützen willst, aber objektiv gesehen überfordere ich mich jetzt nicht. Außerdem, das, was ich jetzt vorhabe, ist ja gut für mich und nicht überfordernd. Aber danke, dass du mich darauf aufmerksam machst, danke, dass du da bist. Und ich bin so froh, dass es dich gibt, denn ansonsten, mit meinen anderen höheren Ansprüchen, die ich an mich habe, würde ich vermutlich zu weit gehen.“ Also, Form von Svadhyaya. Also, diese Form von Svadhyaya heißt, ein Verstehen von all den inneren gut gemeinten Mitarbeitern, könnte man sagen, oder Anteilen oder Tendenzen usw., und davon ausgehen, alles meint es irgendwie gut. Es zu verstehen heißt nicht, dem hilflos ausgeliefert sein und alles dort machen. So ähnlich, ihr könnt gut verstehen, das, was eure Kinder alles wollen, wenn ihr Kinder habt, das heißt nicht, dass ihr denen alles erlaubt. Das ist auch eine Eigenschaft, wo man denkt, Kinder sind renitent und böse, oder man sagt: „Sie sind kreativ und sie sollen ja eigenverantwortlich werden und sie sollen eigene Ideen haben. Und ich als Elternteil habe die Aufgabe, einen Teil ihrer Kreativität etwas einzuschränken und einen Teil ihrer großen Experimentierfreude aus ihrem eigenen Interesse etwas einzudämmen. Aber es ist ja toll, dass Kinder kreativ und neugierig sind und dass sie auch nicht einfach alles machen, was man ihnen sagt.“ Das fände kein Elternteil hoffentlich heutzutage gut, wenn Kinder einfach nur alles machen, was man ihnen sagt. Trotzdem muss man ihnen manchmal sagen, was sie zu machen haben und sie müssen es auch machen. Aber Kinder soll man nicht erziehen wie einen Hund, der jedem Befehl gleich folgt, aber sie brauchen trotzdem Klarheit. Und zwischen diesen beiden Polen liegt die ganze Herausforderung der Erziehung. Gut, und so ähnlich eben auch mit unserem eigenen Geist. Gut, dann haben wir aber – jetzt habe ich für Svadhyaya viel Zeit dort verwendet – Sankalpa-Vikalpa im Sinne von Affirmation und Visualisierung, im Sinne von, z.B. wenn man morgens aufsteht, das ist eine schöne Affirmation, ich empfehle sie auch gerne am Ende der Tiefenentspannung: „Ich bin voller Kraft und Energie. Mir geht es gut. Ich freue mich auf den heutigen Tag.

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Muster im Geist

zi58Ein typisches Phänomen, was es auch gibt, z.B. Menschen, die einen Elternteil hatten, das irgendwo nicht sehr erfolgreich war, sei es Alkoholiker, sei es sonst irgendwo es zu nichts gebracht hat. Das Kind selbst ist aber hoch intelligent und hat auch Drive. Und relativ häufig kann man bemerken, die Menschen, die sind gut in der Schule und machen es gut, aber dann plötzlich boykottieren sie sich selbst. Tolle Noten und dann ausfällig werden gegen den Lehrer und Schulverweis. Oder irgendwo, beginnt bei irgendeiner Firma aktiv zu werden, Chef findet es toll, und dann plötzlich sich über was ärgern, kündigen, von einem Moment auf den anderen. Oder sucht irgendwie einen Streit mit jemanden, der ganz besonders wichtig ist in der Firma und wenn man nachher darüber nachdenkt: „Wozu überhaupt?“ Und eigentlich ist das wohlgemeint. Es ist eine Tendenz irgendwo, Eltern waren nicht übermäßig erfolgreich, im Gegenteil, sie haben irgendwo ihr Leben… Man hat auf der einen Seite seine Eltern dafür verdammt innerlich: „Wie konnte ich solche Eltern haben?“ Ich gebe jetzt ein extremes Beispiel. Vermutlich, bei euch trifft was ganz anderes zu, aber so etwas kann jemand haben. Aber es ist für ein Kind nicht angemessen, sich über die Eltern zu erheben, also muss man sich dann boykottieren und sich selbst dafür bestrafen, dass man abfällig über die Eltern denkt, indem man dafür sorgt, dass man selbst irgendwo sich selbst wieder fallen lässt. Wenn man diese Tendenz anerkennt oder sieht, dann kann man auch wieder sehen: „Aha, da ist eine Tendenz in mir…“ Da kann man jetzt entweder sagen: „Was bin ich doch für ein Blödkopf, dass ich mich ständig dort boykottiere.“ Oder man kann sagen: „Ja, da ist in mir der große Wunsch, meine Eltern zu ehren. Und ich will das machen, indem ich mich nicht über sie erhebe.“ Und dann kann man überlegen: „Die Intension ist ja sehr anerkennenswert. Es ist aber die Frage, wollen meine Eltern das wirklich, dass ich das so mache?“ Und dann wird man feststellen: „Nein.“ Und dann kann man überlegen: „Wie könnte ich sonst meine Eltern ehren, anstatt sie zu ehren, indem ich mich selbst boykottiere und immer dafür sorge, dass immer kurz davor, wenn ich vor dem Durchbruch stehe, zusammenklappe?“ Und dann wird man vielleicht anderes finden. Vielleicht wird man stattdessen mehrmals Blumen auf das Grab setzen und sich vielleicht physisch verneigen oder man wird zu den Eltern hingehen und sagen: „Danke, dass du mir das Leben geschenkt hast.“ Oder man wird sich innerlich geistig verneigen. Man kann irgendwo schauen, und auch eben sagen: „Du hast mir das Leben gegeben und du wolltest auch, dass ich in meinem Leben einiges bewirke. Und das nächste Mal, wenn ich kurz davor bin, mich selbst zu boykottieren, dann werde ich mich an dich erinnern und werde mir bewusst machen, du hättest das nicht gewollt.“ Das ist jetzt schon eine komplexere Form von Svadhyaya, nur als ein Beispiel. So kann man öfters sehen, in seinem Leben hat man bestimmte Samskaras und da hat ja jemand gestern eine Frage dazu gestellt. Wir können verschiedenste Formen von Samskaras dort haben. Übrigens ähnlich, wenn man Eltern hatte, die nicht so gut zusammengelebt haben und man sich als Kind darüber geärgert hat, dass die Eltern nicht gut zurechtgekommen sind, kann auch das eine Grundlage sein, weshalb man seine eigenen Beziehungen torpediert, weil man irgendwo unterbewusst denkt: „Ich habe meine Eltern in der Kindheit dafür verdammt, dass sie nicht richtig zusammengelebt haben und jetzt muss ich dafür büßen.“ Auch dort wird man feststellen, die Eltern hätten auch das nicht gewollt. Es gibt andere Weisen vielleicht, Eltern zu ehren.

Dies ist der 62. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Praktische Raja Yoga Techniken im Alltag

a1Spirituelle Praxis, Teil 9: Praktische Raja Yoga Techniken im Alltag

Ich möchte ein paar Worte noch sagen zu ein paar Raja Yoga Techniken. Raja Yoga, der Yoga der Gedankensteuerung, um letztlich irgendwann zu lernen, die Gedanken zum Stillstand zu bringen und dann kommen wir zu Samadhi. Raja Yoga hat so viele Aspekte, einige haben wir ja heute auch in die Stunde mit aufgenommen und ich will noch auf ein paar Sachen hinweisen, was Svadhyaya betrifft und dann etwas, was als Sankalpa-Vikalpa bezeichnet werden kann, was insbesondere Affirmation und Visualisierung betrifft. Und dann schließlich Samyama. Svadhyaya, Selbststudium hat so viele verschiedene Aspekte. Ein Aspekt ist sicher, Schriften lesen und das ist dann wie Shravana im Bhakti Yoga oder letztlich auch wie Shravana im Jnana Yoga. Aber ein anderer Aspekt ist auch Selbstbeobachtung. Man kann zum einen sich Dinge bewusst werden. Svadhyaya kann aber auch so ein Aspekt sein, man beobachtet seine eigenen Handlungstendenzen, geht grundsätzlich davon aus, alles, was die eigenen Gedanken so erzählen, ist eigentlich wohlgemeint, und relativ häufig aber zwar gut gemeint, aber nicht gerade besonders hilfreich. Also z.B. man ärgert sich über jemand anderes. Man hat den tiefen Wunsch, mit Gegenständen zu werfen. Es gibt Menschen, die haben so etwas. Also, wer sich an so etwas nicht mehr erinnern kann, so etwas gibt es. Gut, jetzt kann man erst mal darüber schimpfen und sagen: „Was bin ich doch für ein schlechter Mensch. Ich bin doch eigentlich ein Yogi und ich darf das nicht usw.“ Das ist eine Möglichkeit. Und dann kann man eine Dualität haben, indem man sagt: „Es gibt Gutes und Schlechtes in mir und da sind jetzt gerade die Asuras in mir am Wirken, die muss ich bekämpfen.“ Die Erfahrung zeigt, ein Bekämpfen nutzt wenig. Meistens macht es sie nur stärker. Vielleicht die Sportlichen unter euch, die gerne immer etwas bekämpfen, haben dort etwas, was sie bekämpfen können und wo sie für den Rest ihres Lebens beschäftigt sein werden. Wir können aber ansonsten eben sagen: „Ja, da ist in mir jemand, der hat vielleicht sogar gute Gründe, sich dort zu ärgern. Irgendjemand anderes hat seine Grenzen überschritten und ist irgendwo ein bisschen ausfällig geworden.“ Oder man hat so viel Energie reingesteckt und irgendwas ist passiert und alles umsonst. Und irgendwo hat der Ärger ja seinen Sinn und es ist ja ganz angemessen, dass dann Ärger da ist. Dann kann man aber überlegen, es ist also gut verstehbar, Svadhyaya, und jetzt kann man überlegen: Wie geht man jetzt damit um? Wir können jetzt dann aber auch feststellen: „Ja, aber jetzt dem Ärger Ausdruck zu geben, ist jetzt auch nicht hilfreich.“ Und dann kann man als nächstes schauen… Man kann den Ärger also anerkennen und kann ihm sagen: „Du hast einen guten Grund und es ist irgendwo angemessen, aber wirklich in der Situation ist es jetzt nicht angemessen.“ Und dann haben wir ihn wertgeschätzt, wir haben dem Ärger gesagt, „danke“, und dann können wir sagen: „Aber ich reagiere jetzt anders als du es mir vorschlägst.“ Und im Zweifelsfall wird man dann überlegen, was kann man noch machen. Tief atmen, dann kann man noch fragen: „Wer ist sonst noch da, der mir Tipps geben will?“ Und dann ist die Klugheit dort und die Gelassenheit oder der, der versteht: „Ja, der andere meint es ja auch gut.“ Und dann ist der Lernbegierige da und sagt: „Hinter allem ist eine Lektion, jetzt habe ich wieder was Neues gelernt.“ Und dann gibt es den Geduldigen, der sagt: „Toll, ich habe jetzt eine Möglichkeit, Geduld zu lernen.“ Und dann gibt es noch den Sinnsucher, der sagt: „Ah, hinter allem ist ein Sinn, wirst schon sehen.“ Und dann gibt es noch den Zielgerichteten, der sagt: „Ja, mein Ziel ist jetzt, das und das zu machen. Und jetzt mit Gegenständen zu werfen, ist sicherlich nicht sinnvoll vor diesem Hintergrund.“ Und dann kann man sich entscheiden. Klingt einfach und ist es auch. Es ist viel einfacher, als gegen seinen Ärger anzukämpfen. Erst mal ihn wohlwollend anzunehmen und ihn anzunehmen als jemand, der es gut meint und seine guten Gründe hat, aber das auch nehmen als einen Vorschlag, wie man jetzt reagieren kann und vielleicht auch als eine Information, und dann anders reagieren. Das kann man auch auf weitere Dinge dort ausbauen.

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Was ist das Richtige auf dem spirituellen Weg

swami sivananda43Wir bemühen uns um Ethik, wir bemühen uns, Gott zu dienen, wir bemühen uns, an uns selbst zu arbeiten, wir bemühen uns, Gutes in der Welt zu bewirken. Und dann gibt es zum einen Sachen, wo wir immer noch nicht wissen, was ist eigentlich das Richtige, und zum anderen, wo wir vielleicht sogar wüssten, was das Richtige ist, aber wir kriegen es nicht hin. Also, in all diesen Situationen, Gott darbringen, Ishvara Pranidhana. Also, das kann man in vielerlei Hinsicht nehmen. Erst Swadhyaya, im Sinne von verstehen, wohlwollend verstehen. Wohlwollend verstehen, was in einem selbst passiert, was in einem selbst dort ist. Das zweite, daraus Tapas ableiten: „Wie kann ich dort selbst etwas ändern?“ Oder: „Wie kann ich jetzt selbst im Sinne von Raja, die Führungspersönlichkeit, die mit meinen Gedanken umgeht, wie kann ich das dort machen?“ Durchaus auch mal Tritt in den Hintern, durchaus auch mal sagen: „Jetzt erst recht.“ Wenn man morgens aufwacht, man hat sich vorgenommen: „Um 05:00 Uhr will ich im Shivalaya meditieren.“ Irgendwo, Wecker klingelt um 04:30 Uhr. Dann versteht man: „Ah, da ist Müdigkeit. Ah, schon wieder dieser Uraltinstinkt, so wie ich mir was Gutes vorgenommen habe, kommt der Torpedierer im Geist gleich in Gang“. Und dann sagen: „Und ich stehe trotzdem auf.“ Tapas. Oder man stellt fest, Ishvara Pranidhana: „Oh Gott, ich kriege es nicht hin. Du hast jetzt fünf Minuten Zeit, entweder Du machst mich wach oder ich bin eingeschlafen.“ Das funktioniert in jedem Fall, entweder man ist wach oder man schläft ein. Man kann es auch so Gott sagen: „Gott, entweder in fünf Minuten bin ich eingeschlafen oder ich stehe auf.“ Gottes Entscheidung. So mache ich es relativ häufig. Manchmal um 03:30 Uhr oder 04:00 Uhr oder 04:15 Uhr wache ich irgendwie auf und dann sage ich dann immer: „Gott, Du hast fünf Minuten Zeit, mich entweder einschlafen zu lassen oder ich stehe auf.“ Aber wenn der Wecker klingelt, mache ich das dann nicht, ich habe dann zum Schluss noch den Wecker gestellt, spätestens wenn der klingelt, stehe ich auf, da gibt es auch keine Frage dort. Wir können unseren Geist entsprechend trainieren.

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Selbststudium im Yoga

swamisivananda30Svadhyaya hat auch wieder verschiedene Bedeutungen und wenn Svadhyaya im Rahman der Niyamas steht, ist eigentlich mehr damit gemeint, selbst die Schriften zu lesen. Im alten Indien war das gar nicht so üblich, übrigens auch wie in Europa, vor Martin Luther war es nicht üblich, dass Menschen die Bibel gelesen haben. Und für Katholiken war es bis zum 19. Jahrhundert verboten, die Bibel selbst zu lesen. Das durfte nur ein Priester und im 19. Jahrhundert wurde das irgendwann mal per Dekret des Papstes aufgehoben und seitdem dürfen auch Katholiken die Bibel lesen. Aber das hat ein paar hundert Jahre gebraucht, um Luther dort zu folgen. Und auch im alten Indien, eigentlich bis zum 19. Jahrhundert, war es nicht möglich, dass ein Nicht-Brahmane die Veden lesen durfte. Aber Patanjali, ein paar hundert Jahre vor Christus, hat schon gesagt, Schriftenstudium und die Hauptschrift sind die Veden. Also hat Patanjali hier schon gegen den Mainstream gesagt, zur höchsten Verwirklichung muss man selbst die Schriften lesen, Svadhyaya, alle Schriften. Wer ernsthaft auf dem Weg ist, Svadhyaya, möge die Schriften lesen. Und in den Kommentaren wurde es dann zum Teil noch etwas klarer, dass das so gemeint ist. Also gegen den Mainstream, wo nur die Brahmanen die Schriften lesen durften, und das, was sie gedacht haben, was für das allgemeine Volk irgendwo verdaubar ist, das wird weitergegeben, ähnlich wie im christlichen Mittelalter, nur dass Patanjali halt 2000 Jahre vor Martin Luther schon gesagt hat: „Nein, ließ die Schriften selbst. Und das ist etwas, was dich verbindet direkt mit Gott.“ Auch wieder ähnliches Konzept wie Martin Luther, der auch gesagt hat: „Durch das Lesen der Schriften kommt die Gnade Gottes.“ Und ähnlich wie Patanjali, als ob er das Yoga Sutra dort gelesen hat, was er sicherlich nicht getan hat. Patanjali sagt dort auch, wo er über die Niyamas spricht: „Durch das Studium der Schriften kommt die Vision oder die Verbindung mit dementsprechenden Aspekt Gottes. Gut, hier aber in dem Kontext, Svadhyaya, Selbststudium, kann man sagen, ist eigene Analyse und selbst analysieren und verstehen, also im Rahmen von Kriya Yoga. Und in diesem Sinne, man kann zuerst überlegen, Svadhyaya: „Was ist?“ Als zweites kann man schauen, etwas zu verändern. Also nehmen wir das Beispiel, man hat sich vorgenommen, etwas zu machen, und der Geist fängt plötzlich an, Gedanken und Emotionen zu erzeugen. Da kann man erst Svadhyaya üben und überlegen: „Ja, was geht da überhaupt vor?“

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Aspekte der spirituellen Praxis

5Patanjali sagt: „Tapas, Svadhyaya, Ishvara Pranidhana Nidana Kriya Yoga. Kriya Yoga besteht aus Tapas, Svadhyaya und Ishvara Pranidhana.“ Svadhyaya heißt Selbststudium. Tapas heißt? Meist wird es übersetzt als Askese. Ishvara Pranidhana heißt Hingabe, Verehrung Gottes. Interessanterweise, die drei sind wieder, ich glaube, dreißig Verse später sind die auch noch Teil der fünf Niyamas, dann kommt noch Shauca und Santosha dazu. Und hier erwähnt er aber nur diese drei und man kann auch sagen, die können auch eine weitergehende Bedeutung haben als im Rahmen der Niyamas. Der Ausdruck „Tapas“ heißt wörtlich „Hitze“. Und Tapas kann Askese heißen, kann aber auch heißen, etwas mit Enthusiasmus zu tun. Tapas kann auch heißen, aktiv etwas zu machen. Und Tapas steht auch in anderem Kontext für intensive spirituelle Praxis. Überhaupt spirituelle Praxis wird in den alten Schriften als Tapas bezeichnet. Wenn es also z.B. irgendwo in dem Mahabharata heißt, da hat jemand sich zurückgezogen, um intensiv Tapas zu machen, der hat jetzt nicht härene Gewänder getragen und sich Dornengürtel umgezogen oder ungekochte Linsen ins Schuhwerk getan – typische Askeseübungen von christlichen Mönchen. Auch heute übrigens weiter üblich in den Opus Dei Mitgliedern, mindestens bei manchen, in den meisten normalen Klöstern inzwischen aus der Mode gekommen. Oder es gibt auch in Indien diese verrückten Tapase. Wer mal das Buch lesen will „Das innere Feuer“, dort ist so ein Bericht von einem namens Tapasvin, der unglaubliche Tapase dort gemacht hat. Jahrelang auf einem Bein stehen, die Hände oben, bis die Hände zu Leder verkommen sind. Oder die Hände nicht mehr bewegen und die Nägel nicht schneiden, bis die Nägel durch die Hände hindurchwachsen und auf der anderen Seite wieder herauskommen. Der Sumitra, der dieses Buch ja verlegt hat, sagt, es sei vertrauenswürdig, er hätte mit Leuten gesprochen, die den persönlich gekannt hatten, der ist auch 185 Jahre alt geworden, mindestens laut der im Buch. Ich selbst kann es nicht sagen, ob es stimmt oder nicht stimmt. Und ich empfehle nicht, das zu machen, was dort steht, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Aber eben Tapas in einem anderen Sinn und das ist normalerweise  gemeint, wenn in der Mahabharata dort steht oder in den Veden oder in den Upanishaden, er hat sich zurückgezogen für intensives Tapas, dann heißt das, er hat Asanas, Pranayama, Meditation, Mantrasingen geübt und typischerweise das mit einer gesunden Ernährung kombiniert. In diesem Sinne auch Tapas.

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Darshanas die Sichtweisen im Yoga

sukadev16Frage an Sukadev: „Du sprachst gestern von Bhakti. Bhakti spielt ja in mehreren der klassischen indischen Philosophiesysteme eine große Rolle. Mich interessiert, inwieweit sich der Bhakti orientierte Zweig des Nyaya von dem dualistischen Zweig Dwaita des Vedanta unterscheiden.“

Das ist natürlich jetzt eine sehr spezielle Frage, dazu müsst ihr die sechs Darshanas verstehen. Und es gibt dort eben das Nyaya und in einer Interpretation ist Nyaya das logische System, oft verknüpft eher mit dem Vaisheshika, dem materialistischen Philosophiesystem, und andererseits kann man die Bhakti-Schulen aber auch entweder an Uttara Mimamsa aufziehen, denn Uttara Mimamsa ist letztlich Vedanta, oder man kann auch die Bhakti-Schulen als separate Philosophiesysteme ansehen. Alles ist möglich. Ich bin jetzt heute mehr dazu übergegangen, dem zu folgen, was die Mehrheit der Indologen heute macht und sagt, die Bhakti-Schulen sind separat zu sehen von den sechs Darshanas. Und dann sagt man einfach, das Uttara Mimamsa ist Adwaita Vedanta, und dann in der Folge, später, nach Shankaracharya, dort kommen ja die Dwaita Vedantins überhaupt, Ramanuja und Nimbarka und Madhvacharya als die drei wichtigsten. Und dort würde man dann sagen, weil die ja so viel später sind als diejenigen, die die Darshanas entwickelt haben – und die haben sich dann zwar sowohl an Nyaya angehängt als auch an Uttara Mimamsa, aber man kann sie auch als separat ansehen. Und so mache ich es jetzt heute mehr und dann kriege ich keine. Der Swami Vishnu selbst hat es allerdings an Nyaya angesetzt. Und so bin ich dem Swami Vishnu dort eher gefolgt, aber zu oft haben mich dann Indologen kritisiert. Und z.B. die Upanishaden, das Buch „Die wichtigsten Upanishaden“, die wir ja veröffentlicht haben, ist dann irgendwo ein Verriss nur des Vorwortes gekommen, auf den Inhalt des Buches ist überhaupt nicht eingegangen worden, es wurde nur gesagt: „Wie kann man nur Nyaya als die Bhakti-Schulen interpretieren.“ Also habe ich etwas geändert. Das andere ist zwar auch nicht falsch, denn es gibt tatsächlich dann auch andere klassische indische Kommentatoren, die es auf Nyaya beziehen, aber es ist praktisch eine Uminterpretation des Nyaya, der ursprüngliche Text geht mehr in die Logik.

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