Möge ich Gutes bewirken

asana11Also, in diesem Sinne, wir müssen uns manchmal zur Wehr setzen und manchmal muss man strikt sein, manchmal muss man streng sein, aber Maha Vrata, dennoch mit Einfühlungsvermögen und letztlich auch im Bewusstsein: „Möge ich Gutes bewirken.“ Natürlich heißt das auch, dass wir versuchen, soweit es möglich ist, mit jedem Menschen, mit dem wir zu tun haben, wirklich einfühlsam umzugehen, mit Liebe umzugehen, auch wenn es mal strenge Liebe sein kann. Es kann auch hilfreich sein, dass wir uns bewusst machen, dass jeder, mit dem wir zu tun haben, schlicht und ergreifend ein Mensch ist. Selbst der Steuerprüfer ist ein Mensch. Selbst der Polizist, der einem gerade einen Knollen gibt, ist ein Mensch. Selbst der, der gerade die Schlange schneidet und sich vordrängt beim Buffet, ist ein Mensch. Der, der in der Mittagspause plötzlich anfängt, den Schlagbohrer zu nutzen – obgleich hier im Haus gilt, von 12:30 Uhr bis 14:30 Uhr Schlagbohrerverbot – der ist auch ein Mensch. Und ich glaube, ihr kennt andere Situationen, wo es schwieriger ist, wo der Chef einen entlässt, wo der Hauseigentümer wegen Eigenbedarf kündigt. Auch das sind Menschen und das können wir als Maha Vrata dort haben. Und natürlich können wir auch sagen: „Ich will auch, was auch immer ich mache…“ Und bei Entscheidungen auch überlegen: „Wie kann ich meine Talente zum Wohl anderer am besten einsetzen?“ Weniger im Sinne nur, „was brauche ich“, sondern mehr: „Wie kann ich meine Talente zum Wohl anderer einsetzen?“ Das kann manchmal heißen, dass man etwas macht, wo man weniger Geld bekommt. Das kann manchmal heißen, dass man etwas hat, wo man sich ein bisschen mehr aus einer Sicherheit heraus begibt usw. Es kann aber auch heißen, dass es halb manche gibt, die besonders von einem abhängen finanziell und dass man dann sagt: „Für die habe ich ein besonderes Karma und Dharma und Verantwortung und dann ist das eben das Wichtigste und dann muss ich halt dafür sorgen, dass genügend Geld nach Hause kommt.“ Wir können es eben machen für andere. Natürlich muss man es auch so machen, dass man das langfristig durchhält. Es nutzt auch nichts, wenn man jetzt sagt, das können jetzt viele gebrauchen, aber man hält es nicht mehr aus und dann ist man irgendwann im Burnout und dann kann man nicht mehr so vielen Leuten helfen. Aber dann ist vielleicht die Lektion, anzunehmen, irgendwo die Hilfe anderer mal anzunehmen. Insofern kann man auch sagen, man sorgt für sich selbst, um für andere sorgen zu können. Man kümmert sich um sich selbst, um langfristig Gutes bewirken zu können. All das gehört zum Maha Vrata dazu. Und zusätzlich zum Maha Vrata gibt es den so genannten Laghu Vrata, den kleinen Vorsatz, wo man sagt, man macht jeden Tag mindestens eine gute Handlung, die nicht selbstverständlich ist, wo man so eine kleine Anstrengung vielleicht machen muss, die nicht ganz so natürlich kommt. Natürlich, es sei denn, ihr sein ein Heiliger, da kommen sowieso immer nur natürliche, freundschaftliche Handlungen. Was auch immer es ist, es kann auch einfach nur ein Lächeln sein, es kann jemandem zuhören sein, es kann sein, dass man gerade in Eile ist und man sieht, wie irgendjemand was braucht. Aber so, Pfadfindermotiv ist eine gute Sache, jeden Tag eine gute Handlung.

Dies ist der 47. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Disziplin in der Yogalehrer Ausbildung

sukadev7Ich kann mich mal an eine Yogalehrerausbildung erinnern, vier Wochen Intensivkurs, die ich geleitet hatte, das war im Westerwald. Das war so ein Sommer, wie wir die letzten Tage hier hatten, nur die ganzen vier Wochen. Und da gab es dann so eine Teilnehmerin und die hat gesagt – irgendwo, eines Morgens war sie nicht zur Morgenmeditation gekommen, und man hat sie irgendwo gesehen, wie sie dann draußen entlanggegangen ist. Da habe ich gesagt: „Du musst schon im Satsang sein.“ Und dann hat sie mir so gesagt: „Ja, es ist doch so schönes Wetter.“ Sie wäre Gott viel näher, wenn sie in der Natur wäre und spazieren gehen würde als dort jetzt um 06:00 Uhr morgens mit sechzig oder achtzig anderen Leuten dort zu sitzen. Das konnte ich voll nachvollziehen, das habe ich voll verstanden. Dennoch habe ich ihr gesagt: „Ja, das kann ich gut nachvollziehen. Und wenn du willst, kannst du ja in die Yogaferienwoche wechseln, das geht ja. Dann kannst du morgens spazieren gehen und abends in den Satsang kommen und dann kannst du mitmachen so viel und wenig, wie du machen willst, nur eine Yogastunde und einen Satsang am Tag musst du mitmachen, ansonsten kannst du machen, wie du es für richtig hältst. Jetzt sind wir aber in einer Yogalehrerausbildung und wenn du am Ende ein Zertifikat haben willst, musst du dich daran halten.“ Zuerst war sie mir furchtbar sauer, denn die wollte unbedingt das Zertifikat haben. Aber sie wollte machen, was sie wollte. Ich musste strikt sein. Oder ein anderes Beispiel in der Art: Irgendwann mal bin ich mal am Dienstagabend, freier Abend, Pizzaessen gegangen. Und dann war in der Pizzeria ein anderer Teilnehmer von der Yogalehrerausbildung, rauchend. Mein wunderschöner freier Abend war vorbei. Es hat mir furchtbar um ihn leidgetan, aber ich musste ihm sagen: „Das geht nicht. Du musst die Woche wiederholen.“ Oder damals war es noch üblich, man musste die ganze Ausbildung wiederholen. Der war mir erst furchtbar böse, die ganze Zeit hätte er es geschafft, nur jetzt sei es nicht gegangen. Wobei ich da schon bemerkt hatte, dass dort die an der Bar, schon ein bisschen ihn schräg angeguckt hatte. Und dann habe ich gesagt: „Nein, das spielt keine Rolle.“ „Wenn du nicht vorbeigekommen wärst, dann wäre es niemandem aufgefallen.“ Da habe ich gesagt: „Stimmt, aber es tut mir schrecklich leid, aber ich bin vorbeigekommen. Jetzt muss ich meine Pflicht tun.“ Und dann haben wir noch darüber gesprochen, wie er das das nächste Mal machen kann. Und dann haben wir irgendwo ausgemacht, wenn er das nächste Mal kommt – wir haben auch gesagt, „du brauchst das nächste Mal nichts zu bezahlen, da wiederholst du einfach die ganze Geschichte“. Nachher hat er mir noch sein Leid geklagt, seit Jahren versucht er, von den Zigaretten loszukommen und es hat noch nicht funktioniert. Und eigentlich hätte er ja die vier Wochenausbildung am Stück deshalb gebucht, um davon endlich mal loszukommen und es täte ihm jetzt auch so schrecklich leid, dass es wieder nicht gegangen ist. Und so habe ich ihm dann noch zusätzlich dann gesagt: „Gut, beim nächsten Mal soll er mir versprechen, er verlässt den Ashram nicht alleine, nur mit jemand anderes, und nur mit jemand anderes, bei dem er vorher sich vergewissert hat, dass der schon mindestens ein paar Jahre weder raucht noch trinkt. Und der kam dann auch ein halbes Jahr später, hat das dann auch gemacht, hat mich gleich fröhlich begrüßt und hat mir gesagt: „Dieses Mal schaffe ich es.“ Und er hat es tatsächlich geschafft und er hat mir nachher noch gesagt, er wäre so dankbar, dass ich so strikt gewesen wäre bei der Yogalehrerausbildung, jetzt hätte er es geschafft. Und der wurde dann später auch ein Seminarleiter und ist bis heute als Seminarleiter hier bei Yoga Vidya tätig.

Dies ist der 46. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Kraft und Inspiration von Meistern/innen

3eMir ist zum einen aufgefallen, wenn der Swami Vishnu mit irgendjemandem zu tun hatte, irgendwie, der hatte schon auch etwas. Der Swami Vishnu war auch jemand, der gerne noch mit Menschen gesprochen hat. Also, ich habe ihn erlebt, wie er zum Taxifahrer gesprochen hatte, dem es irgendwo nicht so gut ging. Er hat sich mit ihm unterhalten und zum Schluss hat der Taxifahrer über beide Ohren gestrahlt. Ich war einmal mit dem Steuerberater vom Swami Vishnu dort, der hat so erzählt: „Wir haben beide angefangen 1957/58, ich war frisch von einem anderen Steuerberatungsunternehmen, habe mich selbstständig gemacht, Einmannunternehmen. Swami Vishnu hat gerade das Zentrum in Montreal aufgemacht und jetzt hat Swami Vishnu eine internationale Organisation und meine Steuerberatungsfirma – heute würde man sagen, Wirtschaftsberatungsfirma – mit mehreren Tausend Angestellten, international tätig.“ Und er hat gesagt, so seinen Erfolg zieht er auch darauf zurück, dass er mit Swami Vishnu zusammengearbeitet hatte. Von der ganzen Spiritualität könnte er nicht viel dazu sagen, hätte er nie die Zeit und das Interesse gehabt, sich damit zu beschäftigen. Aber mit Swami Vishnu zusammen zu sein, das war immer eine Herausforderung. Und es war immer etwas, wo er neue Kraft bekommen hat und neue Inspiration. Und ihm sei auch aufgefallen, der Swami Vishnu hätte ja durchaus einige Gerichtsprozesse geführt, die gegnerischen Anwälte sind meistens danach irgendwo, haben dann Reputation gewonnen und die haben zum Teil auch eigene größere Rechtsfirmen. Das wäre interessant gewesen, selbst die Gegner vom Swami Vishnu, die seien alle irgendwo in ihrer Persönlichkeit vorangekommen. Und das sei das Faszinierendste, das er mir über Swami Vishnu erzählen konnte, kein Mensch konnte mit Swami Vishnu zusammen sein, ohne in seiner Persönlichkeit zu wachsen. Gut, das war die Art und Weise, wie Swami Vishnu eine positive Kraft war im Leben von jedem Menschen, mit dem er zu tun hatte, im Kleinen, wie auch im Großen. Jetzt muss das bei euch nicht so sein, dass ihr auf die gleiche Weise eine positive Kraft seid, aber ihr könnt euch das vornehmen und ihr könnt darum bitten. Und im Einzelfall kann man sich vornehmen, innerlich davon auszugehen, jeder Mensch, mit dem man zu tun hat, meint es gut, mit jedem Menschen können wir verständnisvoll umgehen. Und selbst wenn man sich mal zur Wehr setzen muss, kann man trotzdem den Menschen tief verstehen.

Dies ist der 45. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Karma Yoga – Dienen mit Liebe

swami sivananda39Spirituelle Praxis, Teil 7: Karma Yoga – Dienen mit Liebe

Einer der wichtigen Wege im Yoga ist auch Karma Yoga. Karma Yoga hat viele verschiedene Aspekte, wie ihr wisst. Ein Aspekt, und als solcher wird er in der Bhagavad Gita hauptsächlich erst mal gesehen, ist, sein Karma anzunehmen, das zu tun, was zu tun ist, seine Aufgaben zu erledigen, verhaftungslos handeln, wunschlos handeln, nicht an den Früchten hängen, nicht an den Ergebnissen hängen, nicht an der Handlung an sich hängen. Und das zu verstehen, dauert lange, es umzusetzen, dauert noch länger, und vollständig umsetzen können wir es erst dann, wenn wir selbstverwirklicht sind. Swami Venkateshananda hat mal gesagt, alles, was Krishna in der Bhagavad Gita so empfiehlt, geht nur dann, wenn man selbstverwirklicht ist. Aber sich darum zu bemühen hilft, die Selbstverwirklichung zu erreichen. Es gibt einen anderen Aspekt vom Karma Yoga, der mit diesem Aspekt auch zusammenhängt, das ist der Vorsatz, Gutes zu bewirken und sein Leben einzusetzen, um Gutes zu bewirken. Und da gibt es den so genannten Maha Vrata und Laghu Vrata. Maha heißt großartig und Laghu heißt dann logischerweise klein. Maha Vrata hieße, wir fassen den festen Vorsatz: „Möge ich eine gute Kraft im Leben aller Menschen sein, mit denen ich zu tun habe.“ Ein großer Vorsatz, oder? Und Laghu Vrata heißt: „Möge ich jeden Tag eine gute Tat machen.“ Und beide zusammen sind wichtig. Die eine ist, sich vorzunehmen: „Ich will mein Leben widmen zum Wohl anderer. Möge ich Gutes bewirken.“ Und man kann soweit eben gehen, dass man sagt: „Möge ich eine positive Kraft im Leben aller Menschen sein.“ Was nicht heißt, dass man immer nur freundlich zu allen ist. Ich bin ja Schüler von Swami Vishnudevananda, ich habe zwölf Jahre in seinen Zentren gelebt, war eine Weile sein persönlicher Assistent, habe ihn praktisch die ganzen Jahre jedes Jahr normalerweise zwei Monate irgendwo gesehen, mindestens einen Monat bei einer Yogalehrerausbildung, wo ich mit unterrichtet hatte, übersetzt hatte, und typischerweise nochmal ein paar Wochen sonstiges Karma Yoga im Ashram und er kam dann zum Zentrum, uns besuchen zum Seminar. Und Swami Vishnu war durchaus auch jemand, der mal für die gerechte Sache kämpfen konnte. Er konnte auch mal schimpfen, er hatte auch mehrere Gerichtsprozesse immer gehabt. Die ganze Zeit, wo ich ihn kannte, gab es immer ein paar Gerichtsprozesse, die dort auch gelaufen sind. Nicht eingehaltene Baugenehmigung und dann irgendwo ging es um Gemeinnützigkeit,  zum Teil jahrelang, und zum Teil irgendjemand, der nicht gut fand, dass da irgendein Yoga-Ashram direkt daneben war, oder irgendwann sind mal versehentlich ein paar Bäume zu viel abgeholzt worden, das war auf einem anderen Grundstück. Und so in der Art gab es dann immer irgendetwas.

Dies ist der 44. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Spirituelle Feste feiern

ab56So haben wir das ja auch bei Yoga Vidya, wir zelebrieren Feiertage. Und auch an Ostern werden wir so ein Osterritual haben. Jetzt nicht so groß – wer großen Bezug zum christlichen Osterfest hat, wird das vermutlich eher in der Kirche begehen, was man ja auch hier machen kann. Ihr könnt auch hier sein und in den Gottesdienst gehen, in den katholischen, evangelischen Gottesdienst, das ist zu Fuß in fünfzehn bis zwanzig Minuten zu erreichen. Oder in unserer Tradition Shivaratri, praktisch in die ähnliche Zeit wie Fastnacht läuft das meistens hinaus. Die ganze Nacht, wo man wach bleibt und „Om Namah Shivaya“ rezitiert. Dann gibt es im Sommer Guru Purnima und Krishna Jayanthi. Und im Herbst gibt es dann Navaratri, das Fest der göttlichen Mutter, und Diwali, das Lichterfest. Und Großfeiern wären Weihnachten und Silvester/Neujahr. Also, bedeutsame Rituale sind dann auch hilfreich. Gut, Dasya ist dann mehr der Alltag, da sprechen wir etwas mehr darüber, wenn ich etwas über Karma Yoga spreche. Und Sakya beinhaltet all das, wir wollen zu einer Nähe Gottes kommen, dass wir irgendwo uns freundschaftlich verbunden fühlen mit Gott, vertraut sind mit Gott, und irgendwann erfahren: „Atma Nivedana. Letztlich, mein eigenes Selbst ist eins mit Gott.“ Also, besondere Aufgabe, praktiziert besonders Smarana und Vandana, im Sinne von, immer wieder vergegenwärtigt euch Gott. Ihr könnt auch überlegen: „Wie ist eigentlich meine Beziehung zu Gott?“ Das ist auch eine Form von Smarana, so ein bisschen auch nachdenken: „Habe ich überhaupt eine Beziehung zu Gott? Hatte ich mal eine tiefere oder würde ich gerne eine haben? Oder will ich es eher abstrakt haben, im Sinne von Staunen?“ Und dann genießt die Schönheit und genießt den Geschmack. Krishna sagt: „Ich bin der Geschmack im Essen. Ich bin der Geschmack im Wasser. Ich bin die Schönheit in der Blume. Ich bin die Schönheit im Berg. Ich bin die Kraft in jedem Menschen. Ich bin die Klugheit in den Klugen. Ich bin die Liebe in den Liebevollen.“ Und als solches können wir Gott, Smarana, uns daran erinnern, und Vandana, Ehrerbietung erweisen.

Hari Om Tat Sat

Dies ist der 43. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Spirituelle Gotttesdienste

swami s14Mit einem Altar hat man etwas, was ein besonders heiliger Ort ist, wo die Bhakti sich entwickeln kann. In diesem Sinne kann man auch an anderen Stellen irgendetwas hinhängen oder stellen, was einen wieder erinnert. So in diesem Haus habt ihr in allen Ecken und Enden irgendwelche Bilder von Meistern, von Aspekten Gottes. Und das kann man dann nutzen, Smarana, kurz anschauen, und Vandana, sich innerlich verbeugen. Wenn ihr das Treppenhaus hoch- und runtergeht, all die großen Meister, ich sage, ich mache jeden Tag Pilgerreise. Viele Meister sehe ich und bitte um ihren Segen. Oder ich gehe hinten herum – es gibt ja nicht nur dieses Treppenhaus, sondern hinten – da sind alle Aspekte Gottes in der hinduistischen Tradition, die findet ihr dort. Die kann man auch dort anschauen und deren Segen einholen. Und so gibt es viele Möglichkeiten. Archana heißt dann formelle Rituale. Und Rituale sind eben auch dazu gedacht, dass unser Herz angesprochen wird und wir Gottes Gegenwart erfahren. So wie in der christlichen Tradition die Gottesdienste aufgebaut sind und vielleicht die Katholiken haben das ein bisschen mehr als die Evangelischen, obgleich ich evangelisch aufgewachsen bin und jetzt auch weiter mehr in den evangelischen Gottesdienst als in den katholischen dort gehe. Aber das ist irgendwo aufgebaut, Rituale sind so gemacht, dass Bhakti erzeugt wird. Ich glaube, am Donnerstag haben wir Puja oder Arati, was wir ja jeden Morgen und jeden Abend haben, oder jeden Morgen um 05:00 Uhr Homa, und es gibt ja auch abends um 18:20 Uhr Puja, all das hilft, um das Herz zu öffnen. Also, formelle Rituale. Man kann auch selbst seine Rituale machen. Ihr könntet auch Puja lernen – Puja dauert letztlich nur zehn bis fünfzehn Minuten, wenn man sie in der einfachsten Form macht, und zwanzig Minuten in der mittleren Variation, wie wir es halt um 18:20 Uhr immer machen, man kann auch komplexere Formen machen. Man kann sein eigenes Ritual entwickeln oder man kann solche Jahreszeitenrituale machen und zwar bedeutsame Jahreszeitenrituale. Menschen machen heute auch Jahreszeitenrituale. An Silvester betrinken sich die Menschen und schießen irgendwo Dinge in den Himmel. Bei Fastnacht, irgendwo lässt man sich Witze erzählen und irgendwo tanzt und betrinkt man sich. An Ostern isst man Eier und sucht Eier. Und was gibt es da noch an Jahreszeitenrituale? Inzwischen Halloween, eigentlich der Abend aller Heiligen, Hallo’Eve, ist dann nur irgendwo, andere zu erschrecken. Dann gibt es noch Walpurgisnacht. Im Sommer macht man noch ein Ritual, man legt sich irgendwo hin und lässt sich verbrennen oder wenigstens die Haut verbrennen, auch Jahreszeitenritual. Also, Menschen machen schon Rituale, die nicht unbedingt übermäßig sinnvoll sind, aber irgendwo, sie strukturieren das Jahr. Und Weihnachten ist für viele nur noch eine Kauforgie. Vielleicht noch mit seinen liebsten zusammen sein, was dann ja auch noch eine schöne Bedeutung ist. Aber all das, eigentlich sind das Momente, wo der Mensch nach etwas Höherem strebt und mit einem bedeutsamen Ritual zu den Jahreszeiten eine Verbindung aufbauen will zum Höchsten.

Dies ist der 42. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Ehrerbietung für alles

ab57Wenn Swami Sivananda aufgestanden ist, hat er sich erst mal vor allem physisch verneigt, Ehrerbietung für den physischen Körper gezeigt. Und wenn Kinder kamen und zu Swami Sivananda gerannt sind, hat er sich erst mal vor den Kindern verneigt und dann die sich vielleicht vor ihm verneigt oder vielleicht ihn gebeten, ob er irgendein Stück Obst oder was anderes für sie hat. Oder manchmal sind sie einfach zu Swami Sivananda gerannt und haben gefragt, wie viel Uhr es ist, einfach weil sie zu dem freundlichen Menschen dort hinrennen wollten. Aber er hat sich dann erst verneigt. Und in seiner Phase, wo er noch nicht die höchste Verwirklichung hatte, war das tatsächlich so ein Sadhana, um selbst diese tiefe Demut zu bekommen, hat er sich vor allem verneigt. Das ist jetzt in unseren Breiten nicht angemessen, dass ihr z.B. nach Bad Meinberg geht und euch vor jedem irgendwo verneigt, obgleich, die sind inzwischen gewohnt, dass hier die Yogis manchmal so eigenartige Gewohnheiten haben, aber insgesamt auch ok und freundlich sind. Aber es wäre doch besser, wenn ihr es nicht macht. Aber innerlich kann man es eben machen. Oder man kann mit dem Kopf nicken, das ist auch hier in diesen Breiten irgendwo angebracht. Und inzwischen ist sogar dieser Gruß, mindestens in dieser Gegend hier, also mindestens, wenn ihr hier seid im Ashram, ist ja auch was ganz Schönes. Man kann etwas anschauen und sich so verneigen, ihr könnt einen Baum anschauen und euch so verneigen. Da braucht ihr hier im Kurpark auch keine Hemmungen zu haben, daran sind wirklich die Leute gewöhnt und weder wir noch ihr kommen dadurch in einen schlechten Ruf. Also, das könnt ihr auch machen. Also, Gegenwart spüren, Smarana, evtl. mit Gott dabei sprechen als Gebet, evtl. nur spüren, evtl. verbinden mit Vandana, euch innerlich verneigen. Padasevana, das heißt, einen Altar pflegen. Ich weiß nicht, ob ihr zu Hause einen Altar habt. Wenn nicht, würde ich euch empfehlen, baut irgendeinen. So einen heiligen Ort, sogar angenommen, jemand hätte nur ein Zimmer, dort in einer Ecke einen kleinen Altar aufzubauen, ist etwas Gutes. Oder wenn ihr einen Yogaraum habt, dort einen Altar aufzubauen. Wie der ist, das müsst ihr dann überlegen: „Wie müsste ich ihn aufbauen, damit ich irgendwo eine Herzensverbindung dort herstellen kann?“ Dann gibt es da eher klassizistischen Geschmack, einfach und symmetrisch. Dann gibt es vielleicht den Zen-Geschmack, das ist vielleicht nur eine weiße Wand mit einer einzigen Pflanze. Oder es gibt den barocken Geschmack, man stellt dort üppig und jede Murti, der man habhaft werden kann und alle Religionen und alle Symbole. Rokoko und das ganz verspielt oder Jugendstil, ein bisschen einfacher, aber doch verspielt. Aber etwas jedenfalls, das dann das Herz anspricht und dann auch Padaseva, Seva heißt auch Dienst, und auch jeden Tag irgendetwas machen, Kerze anzünden, vielleicht die Kerze so ein bisschen schwenken, vielleicht Räucherstäbchen anzünden, vielleicht sich einfach  nur selbst davor verneigen, vielleicht regelmäßig frische Blume oder einen Stein hinlegen oder eine Topfpflanze usw. Irgendetwas tun.

Dies ist der 41. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Erinnern an die Göttliche Gegenwart

hathayoga PradipikaGut, Kirtana macht ihr jetzt hier im Ashram etwas mehr vermutlich als zu Hause, Mantras singen, Mantras hören und das geht natürlich sofort ans Herz und das erweckt Bhakti. Dann folgt Shmarana. Und ich will euch für heute jetzt auch insbesondere in den Zwischenpausen bis heute Nachmittag dann auch zu Shmarana ein bisschen motivieren oder inspirieren oder anregen. Shmarana heißt, sich erinnern an göttliche Gegenwart. Das heißt, alles Mögliche nehmen und irgendwo sagen: „Das ist ein Zeichen für göttliche Gegenwart.“ Smarana kann auch Gebet sein, wir sprechen ein Gebet. Es kann sein, wir schauen uns den Himmel an und irgendwo lassen wir den Himmel auf uns wirken und spüren irgendwo göttliche Gegenwart. Wir schauen uns die Krokusse an und die ersten Osterglocken, die ersten Tulpen – wir sind ja dieses Jahr sehr früh mit all den Frühlingsblumen. Wir können sie auf uns wirken lassen. Den kleinen Bach, die Knospen, die da sind, die zwitschernden Vögel, die Gesichter der Menschen, das Brabbeln im Speisesaal, das unglaublich tolle Essen, ein Apfel. Das sind alles Wunder der Schöpfung. Eines meiner ersten Bücher über Mystik war mal so ein Buch, das hieß „Praktische Mystik“. Und das war jetzt weniger religiös, im Sinne von, irgendwo schwierige Übungen, sondern es erzählt: „Lerne es, zu staunen.“ Das war all das, was man für so selbstverständlich anschaut, einfach staunen. Dann spüren wir irgendwo göttliche Gegenwart. Oder es heißt auch, Gott ist Satyam, Sivam, Sundaram. Satyam heißt wahr, Siva heißt Liebe, Sundara, schön. Wir finden es auch in der Bibel: wahr, schön und gut. Oder das hat auch Goethe immer wieder gesagt: „Dem Wahren, Schönen, Guten.“ An der Frankfurter Oper steht auch: „Dem Wahren, Schönen, Guten.“ Satyam, Shivam, Sundaram. Da könnt ihr heute euch öfters daran erinnern, öfters staunen, öfters mal göttliche Gegenwart dort innerlich hervorrufen. Und mit Smarana eng verbunden ist dann Vandana. Vandana heißt Verbeugung, Respekt, Ehrerbietung. Swami Sivananda hat das Vandana sehr wörtlich genommen, das geht aber mehr in einem indischen Kontext. Swami Sivananda, wurde auch gesagt, Namaskar Sadhana, der hat sich vor allem verneigt. Wenn Schüler zu ihm gegangen sind, hat er sich vor den Schülern verneigt und die Füße angefasst. Sogar sein Assistent hat mal gesagt, wenn er aufs Klo gegangen ist, hat er sich zuerst vor dem Klo verneigt und sich erst dann entleert.

Dies ist der 40. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Bhakti Yoga – Hingabe und Gottesliebe entwickeln

ramaSpirituelle Praxis, Teil 6: Bhakti Yoga – Hingabe und Gottesliebe entwickeln

Und dann wäre natürlich die Frage: Und wie kommen wir zu diesem Bhakti? Und viele von euch haben die Yogalehrerausbildung bei Yoga Vidya mitgemacht, da habt ihr von neun Formen von Bhakti gehört. Die wenigsten werden sich dort genau daran erinnern, es sei denn, man hat selbst unterrichtet, dann behält man das typischerweise. Und manche haben die auch noch nicht gehört. Aber es ist hilfreich. Es steht so in der Bhagavatam, einer Schrift über Bhakti Yoga, neun Weisen, wie wir Hingabe entwickeln können. Es beginnt mit Sravana, das heißt, Geschichten hören oder lesen über Gott und seine Heiligen. Das nächste ist Kirtana, das kennt ihr, Singen. Dann gibt es Smarana, das heißt, sich an die göttliche Gegenwart erinnern. Smarana heißt eigentlich erinnern. Vandana, sich verneigen. Padasevana – wörtlich heißt es, Dienst zu Füßen Gottes, konkret heißt es, einen Altar zu pflegen. Dann Archana, rituelle Verehrung Gottes. Dasya, Gott dienen im Alltag. Dasya heißt Diener. Sakya, freundschaftliche Beziehung zu Gott pflegen, Nähe zu Gott entwickeln, vielleicht wie ein Freund. Und schließlich Atma Nivedana, Verschmelzung des eigenen Selbst mit Gott, vollkommene Selbsthingabe. Gut, was heißt das jeweils konkret? Shravana, Geschichten über Gott und seine Heiligen lesen oder hören. So wie ich euch eben Geschichten von Swami Vishnu erzählt habe. So wie ich euch erzählt habe über Hiob oder über Kunti. Geschichten sprechen die Emotionen an. Menschen erzählen immer Geschichten, Menschen lesen Romane, gehen ins Kino usw. Mensch ist interessiert am Schicksal von anderen Menschen. Und das ruft Gefühle hervor, das gehört zum Menschsein dazu. Jetzt kommt es darauf an, welche Geschichten hören, lesen oder schauen wir uns an. Das führt zu unterschiedlichen Wirkungen. Und wenn wir das Gefühl von Bhakti erzeugen wollen, dann ist es gut, Geschichten zu hören, zu lesen oder als Video oder Film anzuschauen über Manifestationen Gottes und seiner Heiligen. So gibt es ja Bücher über Swami Vishnu, über Swami Sivananda, über Paramahamsa Yogananda, über Theresa von Avila, Therese von Lisieux, Rumi, den Sufi-Weisen, über die verschiedenen Zen-Meister oder die ganzen Zen-Geschichten, die Geschichten der Hasidim usw. All das hilft, das Herz zu öffnen, was auch heißt, wenn ihr irgendwo mal merkt, euer Herz ist irgendwo zu und ihr habt keine Freude, ist auch eine Möglichkeit, überlegt, mal so ein paar spirituelle Geschichten oder Biographien entweder zu lesen – oder das gibt es ja jetzt auch im Internet, ihr braucht ja bloß irgendeinen Namen von irgendeinem Heiligen in youtube einzugeben und dann findet ihr Originalfilmaufnahmen, Lebensbeschreibungen usw. Wenn ihr Hindi kennen würdet, könntet ihr die ganze Mahabharata als Comic und als Schauspiel in youtube sehen. Manchmal gibt es das sogar mit englischen Untertiteln, so kann man die ganze indische Mythologie so irgendwo finden und das kann das Herz ansprechen. Es  gibt indische Comics, die kann man inzwischen auch über das Internet sich bestellen über alle Aspekte. Also, Shravana, behaltet das so im Hinterkopf. Gerade dann, wenn man sich mal einsam fühlt, gerade dann, wenn Gott weit entfernt sich anfühlt, das ist eine gute Sache.

Dies ist der 39. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

Höchste Verwirklichung

shankaraShankara sagt, die höchste Verwirklichung kommt nicht aus eigener Anstrengung, es braucht auch dort Gnade. Genauso auch, selbst Bhakti heißt auch, wir müssen Gnade Gottes haben. Wie wollen wir die höchste Hingabe entwickeln? Wir stehen morgens auf und sagen: „Heute will ich vollständige Hingabe haben.“ Und dann? Es ist gut, es sich vorzunehmen, es ist gut, zu überlegen: „Wie kann ich es machen?“ Es gibt viele Techniken, die es machen können, dafür gibt es ja die neun Formen von Bhakti, was wir praktizieren können, aber ob sie wirklich dann kommt und wie stark sie kommt, liegt nicht mehr in unserer Hand. So ist es auch eine Gnade, dass wir Hingabe üben können und wirklich Gottes Liebe erfahren können. Sogar eigene Anstrengung machen zu können, auch das ist Gnade. So gibt es eine Schrift, die sagt, Gnade manifestiert sich in vermehrter eigener Anstrengung. Und durch eigene Anstrengung können wir mehr Gnade haben. Und durch Gnade kommen wir zu Wissen, durch Gnade kommen wir zu Bhakti. Wir fangen mit etwas an und dann öffnen wir uns. Was auch heißen kann, es ist zwar wichtig, vollständige eigene Anstrengung zu haben mit ganzem Herzen, aber wir wissen, es liegt nicht nur an uns. Und deshalb sollten wir danach loslassen und hoffen auf Gnade. Und wenn sie nicht gleich kommt, dann gehen wir auch davon aus, anscheinend hat Gott noch etwas mit uns vor, was nur ohne diese Verwirklichung geht. Das ist auch ok. Und dann wieder die Sehnsucht  steigern, sich dafür wieder öffnen, an sich selbst arbeiten und hoffen, da kommt vielleicht eine gewisse Gnade und dann denkt man: „Ah, fast. Bitte Gott, mehr.“ Und in dem Moment ist es wieder weg. Aber etwas bleibt. Wir haben es erfahren. Wir haben Gottes Liebe erfahren. Wir haben Gottes Segen erfahren. Wir haben die Verbundenheit erfahren. Auch wenn sie jetzt erst mal nicht da ist, wir wissen es: „Es gibt Gott oder es gibt Brahman und jetzt habe ich wieder etwas Karma zu erledigen und das tue ich dann und parallel bitte ich, Oh Gott, bitte, lasse mich Dich erfahren.“

Hari Om Tat Sat

Dies ist der 38. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen: