Frage an Sukadev: „In der Rente kann man das alles machen.“
Du bist schon relativ gut dran. Also, wir können uns alle freuen, denn in der Vanaprastha Zeit, also in der Rente, kann man so viel davon machen. Und damit man das machen kann, gilt es, vorher doch schon gesund zu leben und einiges umzusetzen, dass man dann in der Rente auch tatsächlich das machen kann und nicht zu den anderen Hohenpriestern unserer Zeit zu sehr zu gehen. Das sind die Hohenpriester in weiß oder grün. Wobei da ja auch ein Karma eine gewisse Rolle spielt, aber man kann einiges auch tun und man kann einiges tun, um das Prana aufrechtzuerhalten. Und im ganzheitlichen Yoga kann man also schauen: „Was kann ich machen?“ Und Swami Sivananda hat gerne ein Lied gesungen: „Eat a little, drink a little, meditate al little, pranayama a little, asanas a little, relax a little, kirtan a little, japa a little.” Also, von allem ein bisschen. Wenn man von allem ein bisschen macht, dann hat man immer das Gefühl: „Ich mache nicht genug.“ Und jetzt hängt es von der Persönlichkeit ab. Für die Mehrheit heißt das, man bleibt immer inspiriert, denn man denkt: „Ich müsst nur etwas mehr machen und dann wäre es besser.“ Und dann hat man irgendwo diesen Drive und manchmal gelingt es einem ja, mehr zu machen. Jetzt gibt es aber noch zwei andere Charakteren, die müssen da so ein bisschen aufpassen. Das eine sind die Perfektionisten, die mit den starken inneren Antreibern, die sagen: „Du bist nicht gut genug. Du machst nicht genug. Du bist ein schlechter Aspirant. Du schläfst zu viel.“ Und dann macht man sich nieder und setzt sich zu sehr unter Druck. Also hier gehört dann das, was Krishna immer wieder sagt: „Mache das, was du kannst, so gut, wie du kannst, mit ganzem Herzen und dann lasse los. Bringe es Gott dar und lasse los.“ Das muss man dann machen. Und dann macht man das, was man machen kann und lässt los. Und das ist mal mehr und dann ist es auch manchmal etwas weniger. Gut, ein zweiter Charaktertyp ist der so genannte Alles-Oder-Nicht-Philosoph. Wenn der irgendwo denkt, „ja, eigentlich müsste ich eine Stunde Asanas üben“, was macht der dann? Nichts, denn die Stunde hat man dann nicht. „Eigentlich müsste ich eine Dreiviertelstunde Pranayama üben, aber die Zeit habe ich nicht, also nichts.“ „Eigentlich müsste ich zwanzig Minuten meditieren.“ Das vielleicht noch am ehesten. Und so sollte man statt der Alles-Oder-Nichts-Philosophie der Das-Was-Möglich-Ist-Philosophie anhängen. Und wenn eine Stunde nicht möglich ist Asanas, dann macht man eben eine halbe Stunde, zwanzig Minuten, fünf Minuten. Wenn eine Dreiviertelstunde Pranayama nicht möglich ist, macht man eben fünf oder zehn Minuten. Wenn zwanzig Minuten Meditation schwer fällt, macht man trotzdem zwanzig Minuten. Also, ein ernsthafter Aspirant sollte schon jeden Tag zwanzig Minuten meditieren.
Dies ist der 67. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:
- Spirituelle Retreats
- Sanskrit Wörterbuch Online – zum Nachschlagen aller Sanskrit Begriffe
- Seminare mit Sukadev
- Vorträge mit Sukadev als mp3 Audio Podcast
- Yogalehrer Ausbildung