Spirituelle Flitterwochen

ab83Übrigens, selbst wenn man weitergemacht hätte, wäre dieser Zustand so auch nicht dauerhaft gewesen. Swami Vishnu hat es gerne genannt, die spirituellen Flitterwochen. Die dauern ein paar Wochen oder Monate, bei manchen bis zu drei oder vier Jahre, und dann anschließend ist diese euphorische Hochenergiephase wieder vorbei. Und wenn man sie selbst abgestellt hat, indem man aufgehört hat, zu praktizieren, ist sie auch vorbei. Sie wird nicht so wiederkommen, nur, indem man wieder anfängt, zu praktizieren. Da braucht man weder Angst zu haben noch die Hoffnung. Wenn man dann an sich gearbeitet hat, bekommt man es nicht mehr als Gnade, sondern wenn man an sich gearbeitet hat, kommt man schrittweise weiter. Und eine schrittweise Entwicklung ist oft für die Mitmenschen leichter zu ertragen als die plötzliche Veränderung. Wenn es eine plötzliche Veränderung gibt und es dann zu Konflikten kommt, dann wäre es z.B. eine gute Hilfe, zu sagen: „Ja, ich bin jetzt gerade irgendwo euphorisch, es wird auch schon wieder vorbeigehen.“ Wenn die Menschen das hören, dann sagen sie: „Ok, das kennen sie, da waren wir auch mal drin.“ „Ich habe jetzt gerade etwas Neues, bin begeistert. Im Normalfall wird die euphorische Phase wieder vorbeigehen, dann bin ich wieder normal.“ Wenn man das schon so sagt, dann merken die Menschen, man hat eine kritische Distanz zu sich selbst und kann ein bisschen über sich lächeln und nimmt das selbst nicht so ernst, dann nehmen es die anderen auch nicht so ernst. Eine zweite Sache, die man machen kann, ist, anzuerkennen, dass man eine Zumutung ist für die anderen. Ja, das muss man anerkennen, dass man aber alles Recht der Welt hat, eine solche Zumutung zu sein und dass sich andere auch daran gewöhnen werden, wenn man ihnen wichtig ist. Aber schon allein, dass man anerkennt: „Ich bin eine Zumutung für dich.“ Man kann ja sagen: „Ja, es tut mir leid, dass ich eine Zumutung für dich geworden bin.“ Schon das kann helfen. Das versteht der andere dann. Anstatt sich zu rechtfertigen und sagen: „Ich bin doch so voller Glück und Freude, warum verstehst du das nicht?“ Indem man bewusst anerkennt: „Ich bin eine Zumutung, das weiß ich. Und ich schätze es wert, dass du es mit mir aushältst.“ Und ein nächster Punkt wäre auch, Gemeinsamkeiten suchen und von Bekehrungsversuchen abzusehen.

Dies ist der 52. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

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