Es ist also nie die Frage – ich habe ja auch kurz vor diesem Retreat ein Seminar gegeben „Yoga bei Beschwerden“. Es ist nie die Frage: „Kann ich Yoga machen?“ Oder: „Kann jemand Yoga machen?“ Jeder kann Yoga machen. Es ist nur die Frage: Wie? Was geht? Was geht vom Tagesablauf? Was geht vom Körperlichen her? Und was geht vom Psychischen her?
Ich habe hier noch eine weitere Frage.
„Sprichst du bitte noch über die verbliebenen Bhakti, Dasya, Sakhya und Atmanivedanam?“
Ich hatte gesprochen von den neun Formen von Bhakti, Weisen, wie wir Hingabe entwickeln können. Und das sind wichtige Techniken, um wirklich diese Liebe zu Gott zu erfahren und Gottes Gegenwart zu erfahren. Vermutlich, für den Alltag, ist Bhakti Yoga für die Mehrheit der Menschen das Wichtigste. Man kann den Alltag auch nehmen, man kann ja von allen Yogawegen aus den Alltag gestalten. Wir können vom Raja Yoga aus lernen, wir freuen uns über jede Herausforderung und wir arbeiten an uns selbst, wir lernen, geschickt mit uns und mit anderen umzugehen und gehen davon aus: „Was auch immer geschieht, es ist etwas, an dem ich mich entwickeln kann.“ Und diese Grundeinstellung hat der Raja Yogi. „Es wird schwierig, toll, jetzt kann ich richtig loslegen. Es gibt Hindernisse, großartig, dadurch wachse ich. Etwas, was ich gemacht habe, ist gescheitert, großartig, ich lerne jetzt, loszulassen und eine Weile in Ruhe zu sein und mich zu entspannen usw.“ So können wir ständig Raja Yoga üben. Und wir können mit Visualisierung, mit Affirmationen, mit Svadhyaya arbeiten, wir können mit Tapas arbeiten und auch Ishvara Pranidhana ist immer wieder im Bhakti. Wir können mit Samyama uns ganz konzentriert auf eine Sache einlassen. Wir können auf diese Weise die intuitiven Fähigkeiten entwickeln, die geistigen Fähigkeiten entwickeln. Man kann lernen, sich ganz auf einen Menschen zu konzentrieren und spürt so eine Herzensverbindung, man versteht den Menschen, man sieht die Aura, man fühlt so viel. Also, alles Raja Yoga, faszinierend und etwas sehr Schönes und auch Erfüllendes. Man kann den ganzen Tag als Karma Yoga üben, im Sinne von, seine Pflicht erfüllen und schauen: „Wie kann ich Menschen am besten helfen und dienen?“ Und das ist etwas sehr Erfüllendes. Und immer wieder mit jedem Menschen schauen – letztlich, Patanjali erwähnt es auch als Maha Vrata, wirklich zu probieren, Ahimsa zu üben oder positiv ausgedrückt, Maitri Bhavana, etwas Gutes zu tun für andere Menschen. Und das immer wieder. Schauen: „Was kann ich tun für andere?“ Und im Tun für andere gehört natürlich auch, seine Säge zu schärfen oder Axt zu schärfen, aber vielleicht Säge wird oft im Deutschen gebraucht. Angenommen, man sagt, „ich habe so viel zu tun“ und dann sägt man irgendwo, um ein Möbelstück zusammenzubasteln, aber es dauert sehr lange. Dann kommt jemand vorbei und sagt: „Schärfe doch deine Säge, dann geht es schneller.“ Dann sagt man: „Habe keine Zeit.“ In diesem Sinne gehört auch das Schärfen der Säge zum uneigennützigen Dienen. Und Schärfe der Säge heißt auch, sich Zeit zu nehmen für seine spirituellen Praktiken, heißt auch, sich zu regenerieren, heißt auch, dafür zu sorgen, dass Körper und Geist sich entspannen, aufladen und die Inspiration haben, um anschließend wieder helfen zu können, heißt natürlich auch, Dinge zu lernen, die man lernen kann und sollte, um effektiver zu sein bei dem, was man tut.
Dies ist der 71. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:
- Spirituelle Retreats
- Sanskrit Wörterbuch Online – zum Nachschlagen aller Sanskrit Begriffe
- Seminare mit Sukadev
- Vorträge mit Sukadev als mp3 Audio Podcast
- Yogalehrer Ausbildung