Gewohnheiten verändern

sukadev4Frage an Sukadev: „Man könnte ja auch eine schlechte Gewohnheit durch eine gute Gewohnheit ersetzen. Z.B. Kaffee, und dann sagt man, jetzt ersetze ich das durch Meditation oder Pranayama.“

Es ist eine gute Sache, wenn man schlechte Gewohnheiten abbauen will, dann reicht es nicht aus, nur zu sagen, „ich mache das nicht mehr“, sondern wir können überlegen: „Durch was kann ich die ersetzen?“ Und man könnte sogar sagen: „Immer dann, wenn der Gedanke daran kommt, dann mache ich das stattdessen.“ Also, in diesem Sinne, nicht der Alles-Oder-Nichts-Philosophie. Es gibt nochmal eine weitere Sache, wo Menschen der Alles-Oder-Nichts-Philosophie zum Opfer fallen, gerade in den letzten Tagen haben mir mehrmals ernsthafte Aspiranten gesagt, sie hätten jetzt wochenlang keine Asanas mehr geübt, der eine, weil er ein Problem in der Schulter hatte und der andere, weil er ein Problem im Handgelenk hatte. Es ist kein Grund, wenn man ein Problem im Handgelenk hat, keine Asanas zu üben. Also, für die meisten Asanas braucht man gar kein gesundes Handgelenk. Man kann auch das Sonnengebet machen, indem man die Ellenbogen auf den Boden setzt. Vermutlich geht dann der Pfau nicht, aber es gibt genügend andere Asanas, und vielleicht geht auch die Seitkrähe nicht so gut. Es wäre sicher interessant, zu probieren, die Seitkrähe aus dem Ellbogenstand heraus oder den Skorpion zur Seite, aber es muss ja auch nicht sein. Und wenn man die Arme nicht so hochheben kann im Sonnengebet und man kann sie so heben, dann macht man es eben so. Und wenn die Schulter so ist, dass vielleicht sogar durch einen Sturz das ganze Gelenk hier in Mitleidenschaft gezogen ist und der vollständige Yogaatem weh tut, dann ist das kein Grund, kein Pranayama zu üben, dann übt man eben einen nicht so vollständigen Yogaatem, dann übt man vielleicht nur Bauchatmung. Also, lasst euch nicht von kleineren oder mittelgroßen körperlichen Beeinträchtigungen von eurer Asana-Praxis abhalten. Swami Sivananda hat auch gerne gesungen: „Adapt, adjust, accommodate. Sei flexible. Passe dich an die Umstände und letztlich auch an deinen Körper und deine Psyche an.“ Und wir brauchen eine gewisse Inflexibilität und wir brauchen eine gewisse Flexibilität. Inflexibilität im Sinne von, regelmäßige Praxis, die ihr jeden Tag macht. Und idealerweise, wenn es irgendwo geht, macht man das jeden Tag. Und wer einen Tagesablauf hat, der regelmäßig ist, der kann sich glücklich schätzen, es ist heute in der Mehrheit der Berufe nicht mehr so. Den Montags bis Freitag 09:00 bis 17:00 Uhr Beruf, der vor dreißig Jahren die Norm war, und ich glaube, wo etwas siebzig bis fünfundsiebzig Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland das oder eine Variation davon hatten, ist heute die Minderheit. Ich glaube, es sind nur noch zwanzig, fünfundzwanzig Prozent der Beschäftigten in Deutschland, die so regelmäßige Zeiten hat. Aber wenn man dazu gehört oder in Rente ist, dann kann man das machen, und dann ist es gut, wirklich zur gleichen Zeit aufzustehen, zur gleichen Zeit Pranayama zu üben, Asanas zu üben, zu meditieren, und das mindestens als Grundprogramm täglich zu machen. Und dann kann man es darüber hinaus ein bisschen wachsen lassen und weniger wachsen lassen. Wer jetzt zu der Mehrheit gehört, wo dieser regelmäßige Tagesablauf nicht ist, es ist mal früher und mal später, mal Frühschicht, mal Spätschicht, man wechselt sich in der Betreuung der Kinder ab. Und man hat mal ein paar Tage, wo man jeden Tag zwölf Stunden ranklotzen muss, wie das ist in vielen Pflegeberufen der Fall ist, dann hat man drei frei usw. So viele verschiedene Möglichkeiten. Da kann man trotzdem eine Regelmäßigkeit hineinbringen. Man kann sagen: „Wann immer ich zur Arbeit gehen muss oder wann immer mein Tag beginnt, ich stehe einfach zwei Stunden früher auf.“ Oder man kann zwei Arten von Tagesabläufen schaffen. Man kann sagen: „Wenn ich Frühschicht habe, praktiziere ich so. Wenn ich Spätschicht habe, praktiziere ich so.“

Dies ist der 69. Beitrag zum Thema „Spirituelle Praxis“. Aus einer unbearbeiteten Mitschrift eines Sprituellen Retreats mit Sukadev Bretz im  Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Mehr Informationen:

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